Diskussion zur Energiewende: „Wende wird lokal vollzogen“

Um Energie ging es an einem Abend mit Bärbel Höhn von den Grünen und Frank Kindervatter (NEW).

Niederrhein. „Wenn die Preise an den Strombörsen steigen, müssen die Verbraucher mehr bezahlen — aber sinkende Preise haben keine Auswirkungen.“ Bärbel Höhn, seit 2005 grüne Bundestagsabgeordnete und nun Spitzenkandidatin ihrer Partei in NRW für die Bundestagswahl, sieht die Entwicklung des Strompreises mit kritischen Augen. Zusammen mit Frank Kindervatter, Geschäftsführer des regionalen Versorgers NEW mit Sitz in Mönchengladbach, diskutierte Höhn über die Energiewende. Veranstalter am Freitagabend in der Viersener Generatorenhalle waren die Grünen im Kreis Viersen.

Bärbel Höhn über Stromkosten

Höhn erinnerte an die Atomreaktor-Katastrophe in Japan und die Entscheidung zum Kernkraft-Ausstieg 2011. Damit sei die Energiewende vollzogen: Acht Kraftwerke wurden abgeschaltet, die Laufzeit der übrigen ist 2022/23 zu Ende. Die Prognose von „Blackouts“ sei falsch, so Höhn, 2012 habe sich ein hoher Export-Überschuss beim Strom ergeben.

Von 1998 bis 2005 sei der Strompreis um zehn Prozent gestiegen, seitdem um weitere 15 Prozent. Dafür macht die Politikerin die deutschen Energiekonzerne verantwortlich. Sie hätten 2010 einen Gewinn von 25 Milliarden Euro erzielt. Die Preiserhöhungen hätten mit der Energiewende nichts zu tun. Stattdessen kritisierte sie die „falsche Einkaufspolitik“, also die Beschaffung des Stroms zum falschen Zeitpunkt.

Außerdem warf Höhn den Gegnern der Energiewende vor, deren Akzeptanz über höhere Preise zu verringern. Sie selbst erwartet nach eigener Aussage eine Beruhigung der Preise durch die erneuerbaren Energien. Ihre Prognose: Bis 2020 würde sich deren Anteil von derzeit 22 auf 24 Prozent erhöhen.

Bärbel Höhn verlangt eine gerechte Verteilung der Umlage zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Die Hälfte der Unternehmen sei von dieser Umlage befreit (siehe Info-Kasten). „Je mehr davon befreit werden, desto mehr müssen Verbraucher und kleine Firmen zahlen.“

Frank Kindervatter sagte, der Zuwachs an Erkenntnissen aus der Katastrophe in Japan sei „null“. Sinkende Strompreise seien nicht zu erwarten, höchstens konstante. Der NEW-Vertreter kritisierte „planwirtschaftliche Züge“ bei der Berechnung der Kosten, die Energiewende würde lokal und regional vollzogen.

Die NEW hatten den Preis zum 1. Januar um 16 Prozent erhöht. Daran hätten die Netz-Entgelte den größten Anteil, so Kindervatter. „Wir kaufen kleine Mengen zu verschiedenen Terminen ein“, wehrte er sich gegen den Vorwurf des „Zockens“ an der Strombörse.

Der Geschäftsführer erwartet Einkäufe zu geringeren Preisen und kritisierte, dass die Versorgungsunternehmen ihre Tarife sechs Wochen vorher veröffentlichen müssten, bei Gesetzesänderungen betrage die Frist nur zwei Wochen. „Das Herumreparieren an dem Gesetz soll aufhören.“

Bärbel Höhn bekam Beifall, als sie sagte, sie unterstütze den Trend, dass Strom durch Bürger statt durch Konzerne produziert wird. Kindervatter wünschte sich, dass die NEW bei der Aufstellung von Windkraftanlagen durch deren Verfechter unterstützt würden. Bürger könnten sich an Genossenschaften beteiligen.

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