Altweiber in Leuth: Hier ticken die Uhren anders

Im Dorf nahe der Grenze ist Altweiber schon eine Woche früher. Und das närrische Volk kommt von weither angereist.

Nettetal. „Seit ich denken kann, feiere ich hier in Leuth Altweiber“, lacht Julia Reese. Die Leutherin stürzt sich gleich ins Getümmel im Saal Dückers. Zusammen mit Christine Cremers, Jana Neubert, Loreen Kumpfert und Irene Duarte Carvalho geht die Party ab.

Julia leitet sonst das Kinderhaus Purzelbaum in Kaldenkirchen — aber heute lässt sie es einmal selbst krachen. „Das gehört für mich zu Karneval einfach dazu, Leuth ist Pflichttermin“, sagt Julia. Sie weiß, wovon sie spricht, schließlich hat sie früher gleich hinter dem Altweiberfestzelt gewohnt. „Das war schon heftig. Da kam man am nächsten Tag kaum in seine Wohnung“, erinnert sie sich.

Die Leuther haben dazugelernt — zuparken lassen sie sich heute nicht mehr. Am Leuther Altweiberdonnerstag, der ja traditionell eine Woche vor dem eigentlichen Altweibertermin liegt (siehe Kasten), wird der Ortskern komplett abgeriegelt. Ab 17 Uhr dürfen nur noch Anlieger und Anwohner in den Ort. Überall ist Parkverbot.

„Das wirkt jetzt auf die Auswärtigen vielleicht komisch, aber abends kommen alle mit dem Auto und lassen den Wagen ja dann stehen“, erzählt Julia. „Am nächsten Tag war Leuth dann komplett zugeparkt, und manche Leute kamen nicht mehr aus ihren Ausfahrten“, sagt Julia Reese. Sie selbst hat immer einen Parkplatz — „ich kann bei meiner Familie parken“.

Aber am Donnerstag ist sie mit ihren Mädels ohne Auto unterwegs. „Ein Freund hat uns hergefahren, und heim geht es mit dem Taxi.“

Die Mädels „zuppeln“ schon an Julias Ärmel: „Komm, wir wollen endlich rein ins Getümmel.“ Der Saal Dückers ist schon rappelvoll — es ist 21.30 Uhr. Das steigert sich natürlich im Laufe des Abends. „Wir bleiben jetzt erst mal hier und laufen später vielleicht in die Gaststätte Kother. Da wird auch immer gefeiert“, weiß Julia.

„Die Leuther gehen eigentlich gar nicht ins Zelt. Das ist eher was für die auswärtigen Jecken, die von weither anreisen“, verrät sie. Der Weg in den Saal ist für Julia nicht möglich, ohne hier und dort zu grüßen. „Ich kenne hier so viele Leute“, erzählt die Leutherin, die unter ihren Bekannten richtig aufdreht.

Verkleidet ist sie nur ein bisschen — übergroße Partybrille und Hawaiikette. „Das hat sich im Laufe der Jahre auch verändert. Früher haben sich alle verkleidet. Ich auch“, so die 31-Jährige. Sogar als Möhne sei sie schon unterwegs gewesen. „Aber da wird der Abend bis zur Demaskierung schon sehr lang.“

Sie kommt her, um mit den vielen Bekannten und Freunden zu feiern. „Es wäre doch blöd, wenn die einen unter der Maske nicht erkennen.“ Die Stimmung wird ausgelassener. Der Geräuschpegel steigt und die Flirtlaune auch. „Aber ich bin hier, um Karneval zu feiern, nicht um jemanden kennenzulernen“, lacht Julia.

Das sage man dem Leuther Altweiber übrigens nach: Hier werde gerne mal fremdgebusselt. „Stimmt aber nicht“, korrigiert Julia. Fremdbusseln könne man auch in anderen Orten.

Bis 2.30 Uhr wird im Saal Dückers geschwoft. Jetzt geht’s noch rüber zu Kother. „Mal sehen, was da noch los ist“, sagt Julia. Um 4.15 Uhr sitzt sie im Taxi nach Hause. „Ich finde, es war weniger los als in den Jahren zuvor — aber schön war es trotzdem“, ist Julias Fazit der Leuther Altweibernacht.

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