„Weiber“ haben das Sagen

Etwas verspätet rissen sie die Macht an sich. Sie wollen sich im Verein neu organisieren.

Lobberich. Zuerst regnete es Kamelle, dann kamen die Alten Weiber. Fast alles lief beim Erstürmung des Rathauses am Doerkesplatz gestern Nachmittag nach Plan. Nur zwei Sachen gab es zu bemängeln: Die Möhnen hatten sich um einige Minuten verspätet, und Bürgermeister Christian Wagner nahm die jecke Machtübernahme fast regungslos hin.

Um 15.30 Uhr begrüßte Wagner die Narren in der Rathaus-Cafeteria. „Bevor das Gebäude erstürmt wird, möchte ich alle Anwesenden begrüßen“, sagte er. So spricht nur einer, der dem Andrang der zu allem entschlossenen Alten Weiber nichts mehr entgegenzusetzen hat. Wagner lobte die Kostüme, vor allem „die der weiblichen Gäste“, und forderte ein dreifach donnerndes „Helau“ ein — erfolgreich!

Und dann geschah das, womit wohl kein Mitarbeiter der sonst so trostlosen Amtsstuben gerechnet hatte: Wagner überreichte dem Prinzenpaar Jürgen II. und Carina I. (Bockholt) den Orden der Stadt Nettetal. War das ein Bestechungsversuch, um vielleicht doch bis Aschermittwoch im Amt bleiben zu dürfen? Am Ende war’s eh erfolglos — also Schwamm drüber! Prinz Jürgen II. lud alle herzlich zum Tulpensonntagszug nach Kaldenkirchen (13.11 Uhr ab Ravensstraße) ein und hatte nach eigener Aussage „sehr viel Spaß quer durch alle Stadtteile“ in dieser Session.

Ruhig blieb die Lage unter den Jugendlichen, die zahlreich zum Doerkesplatz gekommen waren. Streetworkerin Marie-Luise Hellekamps und Dirk Engels vom Breyeller Jugendzentrum Oase verteilten Kondome. Der städtische Ordnungsdienst, Polizeibeamte und Jugendamt-Mitarbeiter kontrollierten derweil gemeinsam, ob sich alle an das Glasverbot halten.

Ein 16-jähriger Schaager transportierte in seinem Rucksack Glasflaschen und verstieß damit gegen die neue Vorschrift. 20 Euro Ordnungsgeld und ein Besuch auf der Polizeiwache waren die Folge. „Das Verbot ist sinnvoll“, fand ein Kumpel des Schaagers. Willi Cox, Rentner aus Lobberich, teilte diese Meinung. Dennoch waren Scherben rund um den Busbahnhof keine Seltenheit.

Pünktlich um 16.11 Uhr standen die Möhnen vor dem Rathaus bereit. Zur Erstürmung kam es aber erst um 16.20 Uhr. Die „Weiber“ waren gut drauf, schwenkten sogar Fahnen: „Wir sind die Seenstadt-Möhnen“, rief eine im Vorbeilaufen. Der Name soll nicht nur Programm, sondern eingetragener Verein werden. Die Resonanz darauf war jedenfalls durchaus positiv. . .

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