Närrisches Jubiläum für „Achnes“

Annette Esser, besser bekannt als „Achnes Kasulke“, ist seit elf Jahren auf den Bühnen der Karnevalshochburgen zu Hause.

Närrisches Jubiläum für „Achnes“
Foto: Bodo Krohn

Kaldenkirchen. Die wichtigste Faustregel für Büttenredner vorneweg: „Im Karneval muss nach 20 Sekunden der erste Brüller kommen, sonst verlieren die Besucher die Aufmerksamkeit“, erklärt Achnes Kasulke. Sie muss es wissen. Seit 1997 steht die Kaldenkirchenerin als „letzte deutschsprachige Putzfrau vor der Autobahn“ auf der Bühne, vor elf Jahren gelang ihr der große Durchbruch. Der Grund für ihren Erfolg? „Mit mir und meinen Problemen kann sich jeder identifizieren“, sagt sie.

Ihr Weg zur Büttenrednerin begann mit einem kleinen Schritt. Eigentlich war es eher ein Fehltritt, sie knickte mit dem Fuß um. „Von einem Moment auf den anderen konnte ich nicht mehr tanzen“, sagt Kasulke, die mit bürgerlichem Namen Annette Esser heißt und bis dahin Funkenmariechen bei der Spielgemeinschaft Kolping Karneval Kaldenkirchen war. Zeit zum Trübsal blasen blieb ihr kaum: „Ich wurde gefragt, ob ich mit zwei anderen auf der Bühne stehen möchte“, erinnert sich die 47-Jährige. So berieten sich kurz danach Frau Antje aus Holland, eine dicke Putzfrau aus dem Ruhrgebiet und eine übergewichtige Miss Hessen über die Lage der Nation. Die Putzfrau kam bei den Besuchern so gut an, dass Esser ab dem Jahr darauf in der Rolle alleine unterwegs war. „Meine Figur hatte noch keinen Namen, aber ein dickes Kissen am Hintern“, sagt sie. „Nur den orangefarbenen Eimer, den hatte ich damals schon.“

Bei Essers Auftritten geht es um das alltägliche Leben: Männer, Gewichtsprobleme, Kinder, Senioren, Begegnungen im Supermarkt und das, was gerade aktuell ist, die Darts- oder die Fußball-Weltmeisterschaft zum Beispiel. Sie ist in den Karnevalshochburgen wie Düsseldorf und Köln unterwegs, in Spitzenzeiten hat sie bis zu acht Termine an einem Tag, fährt pro Wochenende rund 1000 Kilometer. Hat sie es nicht satt? „Nein, gar nicht“, sagt Esser. „Ich kriege zum Beispiel sofort meinen Lohn. Bei einem Klempner klatscht niemand Applaus.“

Nach einer Babypause für ihre zwei Töchter hat Bodo Krohn Essers Talent erkannt, erzählt er. Der 66-Jährige kommt aus der Musikindustrie, hat Größen wie die Bläck Fööss vertreten und Achnes Kasulke ein Vorsprechen vor dem Festkomitee des Kölner Karnevals verschafft. „Dann stehen da beim Casting fünf Putzfrauen“, sagt Esser. „Bei keiner habe ich von nebenan Lacher gehört.“ Sie ist als letzte dran. „Ich habe einfach angefangen mit: Sauber ist es hier bestimmt heute.“ Und sie überzeugt.

Seitdem ist Achnes Kasulke auch regelmäßig bei Fernsehsitzungen zu sehen, seit knapp einem Jahr hat sie sogar eine eigene Radiosendung. Sie tritt ganzjährig bei Schützen- und Betriebsfesten sowie Geburtstagsfeiern auf und kann von ihrer Leidenschaft leben. Doch ihren Wurzeln ist sie bis heute treu geblieben: Esser ist immer noch Mitglied bei der Spielgemeinschaft und tritt jedes Jahr an den drei Kolpingabenden sowie am Seniorennachmittag in Kaldenkirchen auf. Ihre Töchter sind in der Tanzgarde.

Ihren Künstlernamen hat Esser sich gegeben, „weil er sich so richtig blöd anhört“, sagt sie. Auch der Zusatz „letzte deutschsprachige Putzfrau vor der Autobahn“ habe sich aus einem Witz ergeben. „Ich weiß gar nicht mehr, wie der geht“, sagt Esser. Bekannte von früher hätten ihr die Karriere als Büttenrednerin wohl kaum zugetraut: In ihrer ersten Fernsehsitzung befand sich eine ehemalige Klassenkameradin im Publikum. „Sie sagte hinterher zu mir: Aber du hast doch in der Schule nie gesprochen“, erzählt Esser und lacht. Auch nach der Schulzeit deutete zunächst nichts auf eine Bühnenkarriere hin. Sie machte eine Gärtnerlehre und arbeitete zeitweise als Bauzeichnerin bei einem Architekten.

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