Witzfiguren im heißen Dschungel

Vor Begeisterung mit den Füßen getrampelt wurde am Ende der Festspiel-Premiere von „Das Dschungelbuch“ in Neersen.

Witzfiguren im heißen Dschungel
Foto: Norbert Prümen

Neersen. Es zirpt. Es zwitschert. Es summt. Und brummt. Ohne Unterlass. Keine Frage — wir sind tief, ganz tief im Dschungel. Hier wachsen giftgrüne Lianen und hohes Gras, Affen tollen hoch oben in den Bäumen — und mittendrin lebt Mowgli, der kleine Menschenjunge. Er ist die Hauptfigur des Stücks „Das Dschungelbuch“, nach Rudyard Kipling, das am Sonntagnachmittag eine umjubelte Premiere bei den Schlossfestspielen feierte.

Die Geschichte von Mowgli, seinen Freunden Bagheera (ein Panther) und Balu (ein Bär) sowie dem bösen Tiger Shir Khan ist durch die kultige Verfilmung von Walt Disney weltberühmt geworden. Kann man auf der Freilichtbühne gegen die Bilder im Kopf, die dieser Zeichentrick-Klassiker hinterlassen hat, und gegen dessen wunderbare Musik („Probier’s mal mit Gemütlichkeit“) anspielen? Oh ja, man kann! Das Ensemble in Neersen macht es unter der einfallsreichen Regie von Sven Post und Matthias Freihof vor.

Die ersten zehn wortlastigen Minuten brauchen die Akteure zwar, um auf dschungel-heiße Betriebstemperatur zu kommen — doch spätestens ab dem Zeitpunkt, als Schlange Kaa den kleinen Mowgli geschickt umgarnt, weil sie ihn anschließend verspeisen möchte, sind die kleinen und großen Premierenzuschauer gefesselt von dem, was da auf der Bühne so alles abgeht.

Ganz nah am Original sind dabei die eigens für Neersen von Stefan Hiller komponierten Musiknummern: Der „Elefantenmarsch“ gehört ebenso dazu wie das säuselnde „Schau mir in die Glupscher, Süßer“ der Schlange.

Unheimlich: Der schreckliche Shir Khan, den Matthias Freihof mit brummig-knurriger Stimme spielt. Echte Witzfiguren und heimliche Stars der Premiere sind seine Helfershelfer, die ständig kichernden Hyänen Stan und Ollie — vortrefflich gespielt von Kerstin Bruhn und Sebastian Teichner, die mehrfach die Tiergattung wechseln müssen.

Hinter den beiden müssen sich die übrigen Akteure nicht verstecken: Sven Post ist ein gemütlich-dicker Balu, der beim Box-Training eine komische Eleganz entwickelt und beim Tänzchen mit dem Oberaffen King Lui (R.A. Güther) als „Heidi Klump“ verkleidet verkünden darf: „Heute habe ich leider keine Banane für dich.“

Bagheera (René Hofschneider) nervt ein bisschen mit seiner ewigen Besorgtheit — doch das kennt ja jedes Kind von Mama und Papa allzu gut. Auch die stramm marschierenden Elefanten hinter Oberst Hathi (wieder R. A. Güther) und die wilden Rock’n’Roll-Affen sind wunderbar gezeichnete Charaktere in ebensolchen Kostümen. Da stimmt jedes Detail, angefangen von den lackierten Fußnägeln der Elefantenmama über die riesigen Schweineohren der Hyänen bis zum beim Reden mitgehenden Affenmund von King Lui.

Anne Bedenbender ist ein quirliger Mowgli mit Dreadlocks, immer in Bewegung, immer übermütig. Tarzan-gleich turnt der Junge im Dschungel an Bäumen hoch oder kämpft spielerisch mit seinen Freunden. Und singen kann Mowgli auch sehr schön, vor allem, wenn er voll Inbrunst von seinem Zuhause, dem Dschungel, schwärmt.

Den hat Ausstatterin Silke von Patay mit viel grüner Farbe vor die Schlossfassade gezaubert. Und auch eine witzige Anspielung auf die nächste Premiere der Spielzeit eingearbeitet: Die Dschungelbar mit dem leckeren Honigwasser heißt „Zum weißen Rüssel“.

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