Willich/Schiefbahn Wenn über Willich die Sonne lacht . . . .

Vor allem im Karneval wird die alte Rivalität zwischen Willich und Schiefbahn „gepflegt“. Doch wie ist sie eigentlich entstanden?

Willich/Schiefbahn: Wenn über Willich die Sonne lacht . . . .
Foto: Stadtarchiv

Willich/Schiefbahn. Die Rivalität zwischen Willichern und Schiefbahnern ist legendär. Vor allem in der Karnevalszeit zieht man gerne in der „Bütt“ über den jeweils Anderen her. Doch wie ist dieser alte Streit eigentlich entstanden? Die WZ ist auf Spurensuche gegangen.

Willich/Schiefbahn: Wenn über Willich die Sonne lacht . . . .
Foto: Reimann, Kaiser

„Dä Willicher Wink, dä stenkt“ (Der Willicher Wind, der stinkt) — unter diesem Motto schlossen viele Schiefbahner früher ihre Fenster, wenn der Wind und mithin die üblen Gerüche der Abwässer von der Kläranlage an der Willicher Grenze herüberwehten. Diese Kläranlage und auch die benachbarte Gaststätte Lindenhof muss damals so eine Art „Checkpoint Charlie“ gewesen sein. Teilweise passten junge Leute auf beiden Seiten dort auf, damit kein „Ausländer“ die feindlichen Reihen betrat.

Willich/Schiefbahn: Wenn über Willich die Sonne lacht . . . .
Foto: Stadtarchiv

Ein Ur-Schiefbahner, Heimatforscher Rudi Tillmanns („Wir nannten die Willicher scherzhaft Heiläpps, die sagten zu uns Torfmöps“), erinnert sich noch an entsprechende Erzählungen, dass die Willicher im benachbarten Dorf oft viel Rabatz gemacht hätten. Tillmanns: „Einmal soll in den 1940-er Jahren der Schiefbahner Gastwirt Heinrich Pulm die Willicher mit einer Eisenstange in die Flucht geschlagen haben. Schiefbahner sollen so lange hinter ihnen her gelaufen sein, bis die Willicher die Grenze an der Kläranlage erreichten.“

Im Juli 1979 berichtete die überregionale Presse über einen Vorfall und über einen „Skandal“: Kurz vor dem Vogelschuss des Willicher Schützenvereins wurde in der Nacht das hölzerne Federvieh von der etwa zehn Meter hohen Stange gestohlen. „Um Mitternacht die Mösch gemopst“ — diese Überschrift stand damals in einer Boulevardzeitung.

Drei Schützen aus Schiefbahn hatten sich dem Vernehmen nach diese Attacke ausgedacht. Von Vergeltungsmaßnahmen wurde aber abgesehen. „Das geht doch gar nicht“, hatten sich in dem Jahr einige Schützen vor allem darüber aufgeregt, dass der designierte Willicher Schützenkönig Karl Heinz Porten in Schiefbahn wohnte. Und sollte ein Schützenfest in Schiefbahn einmal total verregnen, wurde dies von der Gegenseite natürlich schadenfroh zur Kenntnis genommen: „Über Willich lacht die Sonne, über Schiefbahn die ganze Welt.“

30 Jahre lang war Franz Auling der Protokollchef des Allgemeinen Schützenvereins (ASV) Willich, hatte immer in humorvoller Art die Paraden auf dem Marktplatz kommentiert, dabei das besondere „Verhältnis“ zwischen Willich und Schiefbahn herausgestellt und besonders gepflegt. Er kennt sogar aus der eigenen Familie die frühere Rivalität: „Mein Schwiegervater kam aus Schiefbahn, die Schwiegermutter aus Willich — und auch mein Schwiegervater berichtete davon, dass es schon einmal Prügel gab, wenn er die Grenze an der Kläranlage passieren wollte.“

Für den 92-jährigen Rudi Tillmanns steht fest: „Die Rivalitäten müssen darin ihren Ursprung haben, dass sich früher junge Leute nach Liebschaften oder Bekanntschaften im Nachbarort umschauten. Damit waren die einheimischen Jungs überhaupt nicht einverstanden.“ „Werr jinge freeje“ sagte man damals. So fanden die Schiefbahner, aber auch die Willicher oftmals im Nachbarort ihre „Traumfrau“.

Der Berichterstatter, ein gebürtiger Willicher, kann dies sogar noch aus den 1970-er Jahren bestätigen. Früher waren in Willich die Jungs in den Gruppen der katholischen Jungen Gemeinde (KJG) unter sich, Mädchen gab es erst einmal nicht. Und so fuhr man am Wochenende nach Schiefbahn, kehrte entweder in die Gaststätte „Sonneneck“ oder in den „LiCo“-Keller des katholischen Jugendheims ein und lernte dort die Mädchen kennen. „Wir selbst waren früher zu Sechst. Und allein daraus sind wenige Jahre später vier Ehen mit Schiefbahner Mädels entstanden.“

Rudi Tillmanns kann sich noch an etwas erinnern, das ihn fast um den Schlaf brachte. Die Politik dachte im Jahr 1980 darüber nach, Schiefbahner auf dem Willicher Friedhof zu beerdigen, da es in Schiefbahn keine Erweiterungsfläche mehr gab. „Das ging doch überhaupt nicht, dass man in Schiefbahn gelebt hat und in Willich begraben werden soll“, sagt Rudi Tillmanns schmunzelnd. So weit ist es aber nie gekommen. “ Lesen Sie morgen über einen handfesten Streit zwischen Schiefbahnern und Mönchengladbachern.

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