Tönisvorst Pfarrer mit Liebe zum freien Wort

Christian Dierlich verstärkt das Team der evangelischen Kirchengemeinde in St. Tönis.

Tönisvorst: Pfarrer mit Liebe zum freien Wort
Foto: Kurt Lübke

Tönisvorst. Da kommt er herein. In Turnschuhen, Jeans, T-Shirt, darüber ein Jackett und mit einem Lächeln im Gesicht, das nicht gleich ohne Umschweife signalisiert: „Hoppla, hier komm ich!“, sondern andeutet: Hier ist jemand neu im Haus, mit bedachter Zurückhaltung, aber offen, weil er sich freut, hier durchstarten zu können.

Die evangelische Kirchengemeinde an der Hülser Straße in St. Tönis hat einen neuen Pfarrer: Christian Dierlich, 36 Jahre jung, verheiratet, zwei Töchter im Alter von drei Jahren und acht Monaten, wird nun gemeinsam mit Pfarrerin Daniela Büscher-Bruch die Gemeindearbeit leisten. Gierlich zu 75 Prozent, weil er sich weitere 25 Prozent seiner vollen Stelle der Seelsorge im Tönisvorster Krankenhaus und Seniorenheim der Alexianer widmen wird.

„Ich mag die Offenheit und zugleich die Verbindlichkeit und Regelmäßigkeit der Gemeindearbeit hier, die eher dörfliche Struktur, das Direkte. Ich erlebe hier einen kooperativen Stil.“ Gemeinsam mit seiner Kollegin bespricht er zurzeit, wie die Gemeindearbeit für zurzeit rund 4850 Mitglieder jeden Alters strukturiert und verteilt werden kann.

„Ich predige gern“, sagt Dierlich, ein Mann der wohlgesetzten Worte. Er hat nach dem Abitur kurz damit geliebäugelt, Journalist zu werden, doch der Zivildienst in der Kirchengemeinde Rheinberg „war der Auslöser für mich, doch Theologie zu studieren“. Die Kirchengemeinde kannte er persönlich von der Jugendarbeit her. Sein damaliger Jugendpfarrer hat ihn seit Teenagerzeiten beeindruckt.

Theologie? Sicher war er sich seiner Sache zunächst nicht. „Ich habe mich nie für so einen religiösen Menschen gehalten.“ Doch dann erlebte Dierlich Jerusalem während eines theologischen Studienjahres in Israel, angeschlossen an eine Benediktiner-Abtei. Die Gemeinschaft mit anderen Studenten sei ein intensives Erleben gewesen, an Orten, die er bis dahin nur als Textstellen in der Bibel kannte.

In Jerusalem erlebte Dierlich Menschen, für „die ihr Glaube einen großen Stellenwert hat und der sehr lebensintensiv wahrgenommen wird“. Er habe dort den Konflikt zwischen Vernunft und Glauben, zugleich aber auch lebendige Frömmigkeit erlebt, und erkannt, wie wichtig es ist, Orte zu haben, wo man Glauben leben kann.

Die Vielfalt in der Stadt Jerusalem hat Christian Dierlich in seiner eigenen Tradition bestärkt. „Daran glaube ich, dazu stehe ich, ohne den anderen ihre Tradition abzusprechen.“ Diese Erkenntnis habe auch dazu geführt, sich in den Dienst der Kirche zu stellen und nicht mit einem zweiten Fach neben Theologie die Lehrerlaufbahn einzuschlagen.

Mit jungen Menschen sprechen, ältere seelsorgerisch zu begleiten, diese offene Form der Begegnung strebt Dierlich in St. Tönis an. „Ich will als Pfarrer niemand sein, der anderen sagt., wie es zu sein hat. Es geht nicht darum, dass alle so glauben wie ich.“ Er will dem Glauben Raum geben, damit die Menschen „selbst Verdingungen ziehen können“.

Predigtlehre, Kommunikationswissenschaft und Religionspädagogik — die Schwerpunkte im Hauptstudium haben ihm die Perspektive gegeben — ins Vikariat zu gehen. Zunächst in Schiefbahn bei Joachim Schuler, seinem Mentor, anschließend während seines Probedienstes in St. Hubert-Tönisberg und schließlich in Büderich.

Dierlich startet im Lutherjahr in St. Tönis. Er sieht den Eventcharakter des Jubiläumsjahres als Chance, ansonsten ist es ihm zu sehr auf die Person Luther zugeschnitten.

Christian Dierlich wird am 12. März ab 15 Uhr in der Christuskirche seinen Ordinationsgottesdienst feiern. „Frei zu predigen, das ist mein Ideal“, sagt er. „Da ist der Kontakt zur Gemeinde ein ganz anderer. Doch das ist eine Kunst für sich, mit Routine und guter Vorbereitung. Ich gebe mir Zeit.“

Seine neue Lieblingsbibelstelle hat er für den besonderen Gottesdienst bereits ausgewählt. In dem Psalm heißt es: „Du zeigst mir den Weg zum Leben. Du bist Freude in Fülle.“ Diese Stelle hat eine andere abgelöst, die Dierlich immer dann wählt, „wenn es ganz Dicke kommt: ,Das Licht scheint in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht ergriffen.’“

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