Nachbar-Projekt hilft Senioren durch den Alltag

Bei „Nachbarn für Nachbarn“ gehen Ehrenamtler mit älteren Menschen einkaufen oder treffen sich zum Gespräch.

Nachbar-Projekt hilft Senioren durch den Alltag
Foto: Wolfgang Kaiser

St. Tönis. Es ist noch nicht lange her, da verbachte Gisela Kaulfuhs viele Stunden alleine Zuhause. „Ich habe mich gar nicht mehr aus dem Haus getraut, weil ich unsicher auf den Beinen war“, sagt die Krefelderin. Das habe dazu geführt, dass sie einsam und oft traurig gewesen sei. Wer die 91-Jährige heute sieht, kann das kaum glauben. Ihre blauen Augen strahlen vor Lebensfreude und Energie. Die Seniorin geht wieder regelmäßig spazieren, unternimmt Ausflüge, besucht einen Seniorenkreis.

Zurück ins Leben geholt haben Thomas und Herta Gerndt die alte Dame. Das Projekt „Nachbarn für Nachbarn“ der evangelischen Kirchengemeinde hat das St. Töniser Ehepaar und die Krefelder Seniorin zusammen gebracht. „Wir haben 18 ehrenamtliche Kräfte, die andere Menschen betreuen“, erzählt Marion Wlotzka, in der Kirchengemeinde hauptamtlich für Seniorenarbeit zuständig. Auf der anderen Seite stünden zahlreiche Anfragen von meistens alten Menschen, die jemanden brauchen, der für sie einkaufen geht, der mit ihnen spazieren geht, sie zum Arzt begleitet oder einfach nur mal zu Besuch kommt.

„Leider gibt es viel mehr Menschen, die jemanden brauchen, als wir Ehrenamtler haben“, sagt Wlotzka. Deshalb werden weitere Helfer für das Projekt gesucht. Gisela Kaulfuhs ist überglücklich, dass die Kirchengemeinde, an die ihre Tochter sich gewandt hatte, ihr das Ehepaar Gerndt geschickt hat. „Ich komme wieder an Orte, an denen ich ewig nicht gewesen bin“, so die 91-Jährige und schwärmt von Ausflügen zu den Schlossgärten von Arcen, zum Einkaufen nach Moers, zum Rhein nach Uerdingen, zum Weihnachtsmarkt. Dass zu einem Bummel eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen gehören, ist mittlerweile selbstverständlich.

Am Anfang allerdings, auch das gibt die Seniorin zu, sei sie skeptisch gewesen. „Man weiß ja nicht, wer da kommt“, sagt die Krefelderin. Allein gelassen aber wird bei der Nachbarschaftshilfe niemand. „Es gibt Vorgespräche und zum ersten Kennenlernen kommt immer jemand von uns mit“, sagt Marion Wlotzka. Und wenn die Chemie mal nicht stimmen sollte, dann werde eine andere Konstellation gesucht. Beim Ehepaar Gerndt und Gisela Kaulfuhs aber hat von Anfang an alles gestimmt. „Wir waren uns gleich sympathisch“, sagt Herta Gerndt. „Und wir haben immer viel Spaß“, fügt Thomas Gerndt hinzu.

Alle zwei bis drei Wochen unternehmen die drei etwas zusammen. Gisela Kaulfuhs hakt sich dann vertrauensvoll bei Herta Gerndt ein und los geht’s. „Herr Gerndt holt mich außerdem alle zwei Wochen mit dem Bus der Kirchengemeinde ab und bringt mich zum Seniorenkreis ‚Spätlese‘ ins Gemeindehaus“, erzählt Kaulfuhs. „Da wäre ich ohne die Gerndts gar nicht drauf gekommen.“ Thomas Gerndt, selber 67 Jahre alt, engagiert sich seit fünf Jahren ehrenamtlich, zunächst in der IG Altensport, wo er bis heute wöchentlich Radtouren leitet, und seit vier Jahren zusätzlich in der evangelischen Christusgemeinde.

„Als ich in Rente gegangen bin, habe ich eine neue Aufgabe gesucht“, erzählt der St. Töniser. „Das Ehrenamt ist genau das Richtige für mich, weil ich viele nette Menschen kennenlerne und unterwegs bin.“ Außerdem, da sind sich die Gerndts einig, komme unheimlich viel Dankbarkeit zurück. Gisela Kaulfuhs bedauert, dass sie sich früher nicht selber engagiert hat. „Wenn ich gewusst hätte, wie schön und wichtig es ist, jemanden zu haben, dann hätte ich das auch für andere gemacht“, sagt die 91-Jährige.

“ Die meisten Ehrenamtler bei „Nachbarn für Nachbarn“ sind zwischen 60 und 70 Jahre alt. Jeder bestimmt, was und wieviel er machen möchte. Ein Ausstieg ist jederzeit möglich. Gesucht werden zurzeit sowohl Helfer, die einmalige Aktionen wie etwa einen Ausflug übernehmen, als auch Ehrenamtler, die einen anderen Menschen über längere Zeit betreuen möchten. Wer sich für das Projekt interessiert, kann sich unter Tel. 02151/791888 an Marion Wlotzka wenden.

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