Leckerbissen vom Hypochonder

Ingo Börchers war mit „Ferien auf Sagrotan“ in der Motte.

Neersen. „Das Leben hat Nebenwirkungen“: So lautet die zentrale Botschaft von Ingo Börchers, der mit seinem Programm „Ferien auf Sagrotan“ am Samstagabend in der Motte von Schloss Neersen auftrat. Der Schnellsprecher aus Bielefeld zündete ein verbales Feuerwerk, wie es auf den Kleinkunstbühnen wohl nur sehr selten zu erleben ist. Auf dem kleinen Tisch steht eine Sprühflasche Sagrotan — sie hat Symbolkraft, denn Börchers präsentiert sich als Hypochonder, der panische Angst hat vor Viren und anderen Mikroorganismen und der damit leben muss, dass sie sich millionenfach auf beziehungsweise in seinem Körper tummeln. Sein Credo: „Wer Angst hat, hat Recht.“

Es soll aber zwei Stunden lang nicht nur um ein keimfreies Leben gehen, sondern immer wieder auch um Politik. Der 44-Jährige verrät da zum Beispiel, was er von einer Neuauflage der Großen Koalition hält: „Wenn McDonalds und Burger King zusammengehen, wird das Essen nicht besser.“ Und er zeigt die vermeintlichen Auswirkungen von Viagra auf das Rentensystem auf: „Ältere Männer heiraten jüngere Frauen, die später länger Rente beziehen.“ Den Pharmareferenten degradiert Ingo Börchers zum „Krankheitserfinder“, gibt ein Beispiel für diese These: „Es gibt jetzt JKS, das Jürgen-Klopp-Syndrom.“ Das sei nichts anderes als Haarausfall. Börchers sieht eine verlangsamte Mumifizierung durch die Konservierungsstoffe in Essen und sagt Zeiten woraus, wo Menschen auf ihr iPhone urinieren und so die Laborwerte erhalten.

Nach der Pause und vergeblichen Versuchen, das Mikrofon zu reparieren, spricht Börchers „unplugged“, also ohne Technik. Das klappt, weil die Motte leider nur zu einem Drittel besetzt ist, erhöht aber die Belastung für Börchers, so dass so mancher Besucher sich gefragt haben mag, ob er diesen Stress wohl durchhält. Er schafft es, schüttelt jede Menge Weisheiten aus dem Ärmel, lässt seine Angst vor Viren noch einmal aufleben: „Der Zehn-Euro-Schein wird durch die Viren schnell zum Kranken-Schein, und dagegen hilft kein Geldwäschegesetz.“

Der Mann, der seinen Zuschauern im Minutentakt sprachliche Leckerbissen zu kosten gab, lobt die Toleranz der Deutschen: „Bei der Lactose, da sind wir aber intolerant“, scherzte Börchers. Der „Humorarbeiter“, wie er sich selbst bezeichnet, beendete sein Programm mit einer erstaunlichen Erkenntnis: „Nüsse können Spuren von Nüssen enthalten.“ Das Leben ist eben voller Nebenwirkungen. rudi

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