Die WZ öffnet Türen „Ich bin mit Herzblut dabei“

Yvonne Hintz und zwei ehrenamtliche Kolleginnen versehen den Küsterdienst an St. Godehard in Vorst.

Vorst. Die lange Leiter, die in einer Ecke der Sakristei steht, braucht Yvonne Hintz ganz oft. Erst vor wenigen Tagen musste die hauptamtliche Küsterin von St. Godehard in Vorst darauf hochklettern, um aus den Schränken unter der fünf Meter hohen Decke die Krippenfiguren nach unten an hilfreiche Hände zu reichen. „Schwindelfrei muss man hier schon sein“, berichtet Hintz und lacht.

Gemeinsam mit ihren ehrenamtlichen Kolleginnen Charlotte Grever und Andrea Ricken ist die Küsterin in der Kirche „Mädchen für alles“. Schon beim Betreten eines Vorraums der Sakristei fällt der Blick auf ein Bügelbrett samt -eisen, auf dem das ein oder andere Teil des Priestergewands schon einmal aufgebügelt wird — so zum Beispiel vor der Gotthardus-Prozession. „Die Alben der Priester, also die knöchellangen Gewänder aus Leinen, wasche ich auch selbst. Die Hauptgewänder kommen in die Reinigung“, berichtet Yvonne Hintz. Auch kleine Reparaturarbeiten gehören zu den Aufgaben einer Küsterin. Das gilt ebenfalls für die roten und schwarzen Gewänder der rund 20 Messdiener, die in einem weiteren Vorraum im Schrank hängen.

Adventsserie: Die WZ öffnet Türen

Die WZ öffnet Türen: „Ich bin mit Herzblut dabei“
Foto: Kurt Lübke

Aufgaben gibt es noch jede Menge mehr. Noch bevor der Priester und die Gläubigen die Kirche überhaupt betreten können, ist die Küsterin schon da, schließt die Türen auf, zündet die Kerzen an, legt die Gewänder bereit. Das passiert auf dem riesigen alten Ankleidetisch, dem zentralen Möbelstück in der Sakristei. In unzähligen Schubladen unterschiedlichester Größen liegen darin Tischdecken, Halstücher, Kelchtücher und Corporalien (Unterdecken für den Kelch). Auch eine eigene Lade für Pallen ist vorhanden, wie die Aufschrift auf dem Holz verrät. „Die Palla bedeckt den Kelch, um eine Verunreinigung des Messweins zu verhindern“, berichtet Christa Thomaßen, Vorsitzende des Pfarreirates.

Die eigentlichen Messgewänder des Priesters sind in einem separaten Schrank untergebracht und nach Farben sortiert. Weiß steht für Weihnachten, Lila für den Advent, Rot für Ostern und Grün für den Alltag. In einem zweiten Schrank darüber — auch dafür braucht Yvonne Hintz wieder die Leiter — hängen die historischen, reich verzierten Gewänder. „Sind die nicht wunderschön?!“, fragt die Küsterin.

Rechts neben dem Ankleidetisch öffnet sie wenig später die Tür zum Tresor. Darin befinden sich Kelche, Hostienschalen, Hostien in unterschiedlichen Größen, der Messwein und die Gotthardus-Reliquie. Auch der verschnörkelte Tabernakel-Schlüssel ist hier zu finden.

In einem Schrank auf der anderen Seite des Ankleidetischs stehen die liturgischen Bücher. Im Gottesdienst wird nicht direkt aus der Bibel gelesen, sondern aus dem Mess-Lektionar („Lesungsbuch“). Die Küsterin bereitet das Buch mit der entsprechenden Stelle vor, trägt es teils auch in die Kirche. Im Direktorium des Bistums Aachen, also dem ausführlichen liturgischen Kalender, findet sie alle relevanten Hinweise und Informationen über die Bestimmungen für jeden Tag des Jahres.

Bevor Yvonne Hinz zur hauptamtlichen Küsterin ausgebildet wurde (im Bistum Aachen ist dafür Ralf Hövel zuständig), bekleidete sie dieses Amt schon eineinhalb Jahre ehrenamtlich. „Und davor habe ich die Kirche geputzt“, erzählt sie. Insgesamt sei sie schon 18 Jahre für die Gemeinde tätig. Küsterin zu sein, das sei ein sehr spannender Beruf: „Ich bin mit Herzblut dabei.“

Für Putzarbeiten sind sich die drei Frauen („wir sind ein gutes Team“) nach wie vor nicht zu schade — auch wenn es heute oft das Putzen der Kelche und Kerzenleuchter ist. „Dafür ist Materialkunde sehr wichtig“, sagt Grever: Nicht an jedem Kelch, der golden oder silbern glänzt, kann man gefahrlos lospolieren. Und beschädigt werden soll natürlich auch nichts.

Die alten Megafone, die in einer Ecke hängen, werden bei der Prozession nicht mehr gebraucht: „Wir haben Funk-Mikros“, berichtet die hauptamtliche Küsterin. Das Läuten der Glocken stellt sie an einem Automaten ein, der in der Sakristei an der Wand hängt. Per Knopfdruck kann aber auch außerhalb der eingestellten Zeiten geläutet werden. Auch die Überwachungsanlage der Heizung müssen Yvonne Hintz und ihre Kolleginnen im Auge behalten.

Derzeit laufen die Vorbereitungen für Weihnachten: Die riesige Krippe mit plätscherndem Bachlauf ist von einem Kreis von Ehrenamtlern — es handelt sich um sieben Männer — aufgebaut worden. „Vom guten Netz der Ehrenamtler lebt die Gemeinde“, betonen Hintz und Grever.

In der Sakristei wartet noch das Jesuskind auf seinen Einsatz. Gleich daneben steht eine ganze Palette kleiner Weihnachtssterne: Auch der Blumenschmuck in der Kirche gehört zum Aufgabenbereich einer Küsterin. „Viele Dinge sind zu bedenken, da muss man richtig reinwachsen“, sagt Charlotte Grever. Was Yvone Hintz an einem praktischen Beispiel belegen kann: „Für das Krippen-Kamel gibt es sogar einen eigenen Schrank.“

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