Gelungenes Plädoyer für die Freundschaft

Kai Struwe und August Zirner boten eine musikalische Lesung des „Kleinen Prinzen“.

Gelungenes Plädoyer für die Freundschaft
Foto: Kaiser

St. Tönis. Auch die dritte Veranstaltung im Rahmen der neuen Kulturreihe „Götterspeise“ hat ein begeistertes Publikum hinterlassen. Nach dem französischen Chanson-Abend zum Auftakt und dem Konzert „Harp goes Pop“ standen dieses Mal der bekannte Schauspieler August Zirner und der Bassist und Komponist Kai Struwe im leicht erhöhten Altarraum der evangelischen Christuskirche in St. Tönis. Sie boten eine musikalische Lesung des Buchs „Der kleine Prinz“.

170 Zuhörer saßen eng aneinander auf den Kirchenbänken. Die Karten waren schon im Voraus ausverkauft gewesen. Mehr als eineinhalb Stunden lang herrschte konzentrierte Stille. August Zirner wusste, seine jahrelange, professionelle Schauspielerfahrung und seine geschulte Stimme gut einzusetzen. Auch ohne Körpereinsatz „spielte“ der 62-Jährige den Text mehr, als dass er ihn las. Außerdem hatte der Schauspieler seine Querflöte mitgebracht. Nahtlos ging das Programm vom Text in den Ton über und andersherum.

Die Musik, die Kai Struwe komponiert hat, passte hervorragend zum Text. Während die warmen Töne des Kontrabasses zwischen den Bankreihen vibrierten und die Worte des Piloten, der die Geschichte erzählte, sich zu wiederholen schienen, hüpften die hohen, leichten Töne der Querflöte über die Zuschauerreihen hinweg und schienen nicht zu fassen zu sein — genauso wie der Prinz, der viele Fragen stellt, aber keine beantwortet. Die beiden Instrumente harmonierten hervorragend.

Überhaupt wirkte die Geschichte, obwohl oft gelesen, von August Zirner rezitiert noch einmal ganz anders. Besonders, als der Prinz die verschiedenen Planeten bereist und den König, den Trinker oder den Geografen kennenlernt, entfaltete Zirner sein ganzes Können. In seiner Stimme und seiner Mimik spiegelten sich die Charaktere der Planetenbewohner. Und den Fuchs, der sich vom Prinzen zähmen lässt, stattete der Schauspieler mit so viel Charme aus, dass jeder verstand, warum der Prinz bei ihm bleibt und sich ebenfalls „zähmen“ lässt.

1943 hat der französische Autor Antoine de Saint-Exupéry den Text veröffentlicht. Aber die Mischung aus Philosophie, Lebensweisheit und Kritik am Werteverfall ist zeitlos. So trifft der kleine Prinz auf seiner Reise unter anderem auf einen König, für den alle anderen nur Untertanen sind, einen Alkoholiker, der trinkt, um seine Trunksucht zu vergessen, einen Geschäftsmann, der glaubt, reich zu sein, weil er meint, die Sterne zu besitzen. Viele Zitate aus der Erzählung, die als Plädoyer für Freundschaft, Menschlichkeit und die Bereitschaft, Verantwortung für andere zu übernehmen, verstanden werden darf, werden heute noch immer wieder verwendet.

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