Es muss nicht immer Komödie sein

Peter Siegel ist seit der Gründung 1993 Vorsitzender des Stadtkulturbundes. Im September will er aufhören.

Es muss nicht immer Komödie sein
Foto: Kurt Lübke

Tönisvorst. Der Stadtkulturbund steht vor seiner Jubiläums-Spielzeit: Vor 25 Jahren wurde er als Dachorganisation der Kultur- und Brauchtumsvereine gegründet. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehört es, für ein abwechslungsreiches Kulturprogramm zu sorgen. Darüber sprach die WZ mit Peter Siegel, der seit der Gründung den heute rund 180 Mitglieder zählenden Kulturbund führt.

Wie kam es zur Gründung des Stadtkulturbundes?

Peter Siegel: Die Stadt wollte ihren Kultur-Etat entlasten. Es standen 1992 für die Durchführung von kulturellen Veranstaltungen und die Unterstützung der Kulturvereine rund 30 000 Mark zur Verfügung. Schon damals viel zu wenig. Dann kam es zur Fusion der örtlichen Sparkasse mit dem Krefelder Institut und der Gründung der Tönisvorster Sparkassenstiftung. Die Politik kam da auf die Idee, sich ganz aus der Kultur-Finanzierung auszuklinken. Dafür brauchte es aber einen gemeinnützigen Verein, weshalb der Stadtkulturbund gegründet wurde.

WZ-Interview

Gab es einen solchen Verein damals sonst irgendwo?

Siegel: Soviel ich weiß nicht. Später kam es zu ähnlichen Gründungen, so zum Beispiel in Mönchengladbach.

Und wie wurden Sie zum Vorsitzenden?

Siegel: Albert Schwarz war damals Kulturausschussvorsitzender und hat mich angesprochen. Ich war schon seit den Zeiten in der Jungen Union im Schul- und Kulturausschuss tätig gewesen. Für die Anhebung des Kulturetats hatte ich mich mehrfach aus dem Fenster gelehnt. Als Albert Schwarz mich fragte, habe ich abgelehnt. Doch er kann sehr überzeugend und hartnäckig sein.

Wo haben Sie sich Hilfe bei der Vereinsgründung geholt?

Siegel: In Nettetal. Für uns war das ja ein Sprung ins kalte Wasser. Es gab keine Strukturen, keine Erfahrungen. Über einen Kunden von mir in Nettetal lernte ich den dortigen Kulturamtsleiter kennen. Er hat mir die Dinge verraten, die man alle beachten muss und nannte mir auch die wichtigste Agenturen. Es war ein schwieriger Weg, der auch nicht frei von Enttäuschungen blieb.

Welche zum Beispiel?

Siegel: Wenn ich da an die ersten zehn Veranstaltungen denke: Die Zuschauerzahlen stiegen nur ganz langsam an. Unser erstes Stück überhaupt war „Not und Elend des Dritten Reiches“. Das war der Hammer — aber nur 150 Menschen wollten es sehen. Erschreckend. In Zehnerschritten folgten dann ganz allmählich die Steigerungen. Doch es gab auch Rückschläge. So hatten wir anfangs einen Austausch mit den Neersener Schlossfestspielen, die auf dem Alten Markt auftraten. Ausverkauft. Im Jahr darauf haben wir aus Kostengrünen einen anderen Anbieter genommen — und es kam nur die Hälfte an Besuchern.

Was mich zur Finanzierung bringt. Wird die komplett von der Sparkassenstiftung abgedeckt?

Siegel: Nein!! Unsere Bilanzsumme lag im Vorjahr bei rund 160 000 Euro. Von der Stiftung haben wir zuletzt 18 000 Euro bekommen. Außerdem gibt es noch einige Sponsoren. Wir müssen aber sehen, dass wir die Kosten über die Eintrittsgelder decken können. Wir sind wie ein kleines Unternehmen, das ja auch Steuern und Gebühren zahlen muss. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass bei der Programmauswahl immer wieder bekannte Zugpferde die Reihen füllen.

Nach welchen Kriterien wird das Programm zusammengestellt?

Siegel: Die meisten Leute wollen bei einem Theaterbesuch zwei Stunden lang gut unterhalten werden und an nichts denken müssen. Es gibt schon genug Probleme, die muss man nicht noch auf der Bühne sehen. Wir versuchen aber den Spagat hinzubekommen, es nicht zu flach werden zu lassen. In der ersten Zeit haben wir nur Komödien gespielt, wobei auch Komödien Tiefgang haben können. Mittlerweile spielen wir auch gut besuchtes Schauspiel — ich erinnere nur an das vieldiskutierte Stück „Terror“. Es muss nicht immer eine Komödie sein.

Haben Sie oder einer der Vorstandskollegen alle Stücke vorher gesehen?

Siegel: Wenn es die Möglichkeit dazu gibt, wenn sie also in einem Umkreis von rund 50 Kilometern irgendwo gespielt werden, ja. Wir setzen aber auch stark auf Erfolgsstücke, die schon über Jahre gut laufen. Es ist dann eine zusätzliche Beruhigung, sie selbst sehen zu können.

Und wer entscheidet dann, was geholt wird?

Siegel: Es wird demokratisch abgestimmt, was wir machen. Ich mache zuvor ein Grobraster.

Sie werden am 5. Oktober 74 Jahre alt und wollen eigentlich schon seit Jahren den Vorsitz abgeben. Ist ein Nachfolger in Sicht?

Siegel: Ja. Bei der Mitgliederversammlung im September steht das auf der Tagesordnung. Ein Nachfolger ist ausgeguckt, der es hoffentlich macht. Beisitzer für den Vorstand brauchen wir auch noch. Ich selbst möchte künftig mit meiner Frau nur noch als normaler Besucher Theaterstücke anschauen.

Schauen wir auf die Jubiläumsspielzeit: Auf was dürfen sich die Besucher besonders freuen?

Siegel: Am 10. August fangen wir mit dem Sommerkabarett im Haus Vorst an. Damit hatten wir zuletzt ja pausiert. Im September kommt mit Lars Reichow ein Kabarettist, der derzeit in aller Munde ist. Dann am 27. Oktober „Viva Voce“ mit ihrer Jubiläums-Show. Da fangen wir 30 Minuten früher an, da es zu unserem Jubiläum einen kleinen Festakt geben wird. Im November gibt es mit „Geächtet“ ein tolles Theaterstück. Musikalisches Highlights sind am 2. Dezember „Klass-Brothers & Cuba Percussion“ sowie die Neujahrskonzerte am 5. und 6. Januar mit der Französischen Kammerphilharmonie unter Philip van Buren. Nicht zu vergessen Frau Höpker, die auf vielfachen Wunsch im Mai wieder zum Gesang bittet. Sie sehen: Es ist für jeden etwas dabei.

Ihr Fazit: War die Entscheidung, die Kulturarbeit in Tönisvorst einem Verein zu übertragen, richtig?

Siegel: Ja — vor allem für die Stadt. Diese hätte ein Programm, wie wir es organisieren, selbst gar nicht bieten können. Ich hoffe, dass dies in Zukunft so weitergeht.

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