Eine Sängerin, die quatscht

Auf Einladung des Akkordeon Orchesters traten Martina Bialas und Tobias Dalhof auf.

Eine Sängerin, die quatscht
Foto: Wolfgang Kaiser

St. Tönis. Eine Stimme wie ein Marmorkuchen: mal hell, mal dunkel, mal sandig, mal fluffig, mit einem goldenen Schimmer vom Rum und einem Hauch Puderzucker. So zumindest beschreibt Martina Bialas selber ihre Stimme. So richtig viel hören die Besucher des Musik-Kabaretts, zu dem das Akkordeon Orchester St. Tönis am Sonntag ins Vereinshaus eingeladen hatte, aber nicht von der Sopranistin, was nicht nur an den bedauerlichen Problemen mit der Technik liegt, sondern vor allem daran, dass die Bialas lieber quatscht, als singt.

Das allerdings beherrscht sie sehr gut. Dabei auch das Publikum auf die Schippe zu nehmen, gehört zum guten Ton. „Das hier ist mein Tönisvorster Gesangsabend und Sie tragen Badelatschen?“, spricht sie einen Gast in der ersten Reihe an und spielt die Empörte. „Du hast gesagt, das sei ein kulturell gebildetes Publikum“, wendet sie sich an ihren Partner Tobias Dalhof. Der sitzt am Keyboard und bleibt gelassen: „Darf ich vorstellen: Martina Bialas, versucht zu singen und souverän zu wirken.“

Als sie dann endlich tatsächlich singt, hat er einen Hörschutz aufgesetzt und auch im Publikum vorsorglich Ohropax verteilt. Nötig ist das freilich nicht, denn die Bialas singt natürlich ausgezeichnet, ebenso wie Tobias Dalhof ausgezeichnet spielt. Der 35-Jährige hat an der Folkwang-Hochschule Essen Musiktheorie, Dirigieren und Musikwissenschaften studiert und spielt seit seiner Kindheit neben Klavier auch Akkordeon. Das passt, schließlich ist das Duo aus Marl mit seinem Programm „Ich spiele was, was Du nicht singst“, zu Gast beim Akkordeon Orchester St. Tönis. Dessen Ensemble „Akkzente“ (mit doppeltem K, abgeleitet vom Akkordeon) bereichert den musikalisch-humorvollen Spätnachmittag mit einigen Auftritten, die Platz zwischen den einzelnen Kabarett-Szenen finden. So spielt das achtköpfige Ensemble ein Stück des italienischen Barock-Orchesters Rondò Veneziano, aber auch sehr flotte, beschwingte Melodien. Bei dem Stück „Typewriter“ von Leroy Anderson sitzt Ensemble-Leiter Thomas Waser an Schreibmaschine und Klingel und gibt dem Stück das gewisse Etwas.

Dass das Ensemble beim Landeswertungsspiel in Leverkusen vor ein paar Tagen den zweiten Platz belegt hat, wie der Vereinsvorsitzende Oliver Schieren erzählt, wundert angesichts des überzeugenden Auftritts nicht. Auch das Kabarett-Duo Bialas und Dalhof sorgt für abwechslungsreiche Töne. Ob Klassik, Samba, Pop oder Walzer, Tobias Dalhof beherrscht seine Instrumente. Martina Bialas hingegen übt sich derweil in einer anderen Kunst: Sie lässt im Walzertakt den Hula Hopp-Reifen um ihre Hüfte kreisen. Als auch Dalhof ähnliche Tanzbewegungen mit dem Akkordeon macht, rät seine Partnerin ihm, sich wieder hinzusetzen. „Sie sehen nämlich selten dämlich aus.“

Bei dem einen unterhaltsamen Abend im Vereinsheim an der Corneliusstraße soll es nicht bleiben. Der Verein will in Zukunft mehr Präsenz zeigen. „Wir planen sieben Auftritte pro Jahr“, erzählt Oliver Schieren. Neben der traditionellen Musiknacht und dem alljährlichen Frühjahrskonzert ist jedes Orchester — der Verein hat davon fünf — aufgerufen, einen Abend zu gestalten. Erste Termine stehen bereits.

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