Das Wasser von Willich ist gut

Am „Tag des Wassers“ durften sich Besucher unter anderem den alten Turm auf den Fellerhöfen ansehen.

Willich. Schwindelfreiheit und eine gute Kondition sind heute ein Muss: Die schmale Treppe, die sich an der weiß gestrichenen Außenwand des 42 Meter hohen Wasserturms Fellerhöfe nach oben windet, scheint irgendwie kein Ende zu nehmen. Keuchend erreichen die Besucher, die sich am weltweiten „Tag des Wassers“ bei den Stadtwerken zu einer Besichtigung angemeldet haben, schließlich einen niedrigen, großen Raum mit kleinen Fenstern, durch die nebelgraue niederrheinische Felder zu sehen sind. Doch die Blicke richten sich überwiegend auf die Unterseite eines großen Trinkwasserbehälters.

Das Wasser von Willich ist gut
Foto: Kurt Lübke

400 Kubikmeter fasst der Metallkessel mit seinen genieteten Nähten — das sind immerhin 400 000 Liter. „Was glauben Sie, wie lange das zur Versorgung unserer rund 100 000 Kunden in Willich, Osterath und St. Tönis reicht?“, fragt Rainer Scharl, Technischer Leiter der Stadtwerke, in die Runde. Die Antwort gibt er gleich selbst: eine knappe Stunde.

Doch der Kessel wird beim Wasserwerk gar nicht mehr benötigt: Er ist völlig leer. Der Turm wurde 1988 außer Dienst gestellt und steht seit 1987 unter Denkmalschutz — als „architektonisches Zeugnis aus der Einführung der öffentlichen Wasserversorgung“.

Auch die drei dicken grünen Rohre, die in dem Rondell mit seinen 8,75 Metern Durchmesser steil nach oben führen, sind vor allem Zeugnisse einer Technik aus den frühen 1950er Jahren. High-Tech findet sich lediglich auf dem Dach: Funkantennen für den Mobilfunk und eine Spezialantenne für die Landwirtschaft sind dort montiert.

Wieder unten vor dem Turm angekommen, fällt der Blick der Besucher auf ein Wohnhaus am Eingang des Geländes. „Dort lebten früher die Wasserwerker“, informiert Rainer Scharl. Heute arbeiten sie wenige hundert Meter entfernt im Wasserwerk I, das 1981 errichtet wurde.

In dem Gebäude fließt das Wasser aus den verschiedenen Brunnen zusammen. Diese befinden sich nicht nur in Fellerhöfe, sondern auch in Anrath (Darderhöfe), Osterath und St. Tönis. Es gibt elf Brunnen mit einer Tiefe von 180 Meter sowie weitere 15 Flachbrunnen, die das sogenannte Rohwasser aus 30 Metern Tiefe fördern. „Wir wollen hier vier neue Tiefbrunnen bohren, was einer Investition von 3,2 Millionen Euro entspricht“, berichtet Rainer Scharl, während er mit der Gruppe vor den großen Glasfenstern der Schaltzentrale des Wasserwerks steht. Warum werden die neuen Brunnen benötigt? Ursache ist die Nitratbelastung durch die Landwirtschaft: 50 Milligramm pro Liter sind erlaubt, aus den Flachbrunnen gefördert werden aber bis zu 150 Milligramm pro Liter. Dieses Wasser wird deshalb mit dem aus den unbelasteten Tiefbrunnen „verschnitten“, was die Werte senkt. „Es braucht 1000 Jahre, ehe das Nitrat in 180 Metern Tiefe angekommen ist“, erzählt Scharl den staunenden Besuchern. Die Werte werden in einem eigenen Labor gemessen. Von dort aus gehen auch Düngeempfehlungen an die Landwirte.

Ehe der Rundgang weiter geht, serviert Scharls Kollegin Andrea Steffen frisches Wasser in kleinen Gläsern. So gestärkt, geht es weiter in die Schaltzentrale, wo Jens Fischer, einer von zwei Wassermeistern, vor einer gewaltigen Kontrollwand sitzt. „Hier sieht es ja aus wie in einem Atomkraftwerk“, staunt eine Besucherin. Bei Störfällen könnte Fischer die Anlage tatsächlich über die Knöpfe auf dieser Wand steuern — im Alltag geschieht dies heutzutage vom PC aus, der ganz klein auf seinem Schreibtisch steht.

Warum überhaupt wird das Wasser aus den 26 Brunnen ins Werk auf den Fellerhöfen gepumpt? Ganz einfach: Hier wird es vom Roh- zum Trinkwasser gemacht: Nicht nur der Nitratwert wird gesenkt, sondern unter anderem auch Eisen ausgefiltert und das Wasser enthärtet. Am Ende landet es im 4000 Kubikmeter großen Reinwasserbehälter — und von dort aus geht es direkt weiter an die Haushalte. Die Qualität sei sehr gut, betont Rainer Scharl: „Chloren wollen und müssen wir nicht.“

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