Das Rössl — „mitreißend“ und „fantastisch“

Unser Tipp: Karten sichern! Denn Gäste der Premiere waren so begeistert, dass sie einen zweiten Besuch der Vorstellung ankündigen. Beste Unterhaltung im Neersener Wirtshaus.

Das Rössl — „mitreißend“ und „fantastisch“
Foto: Kurt Lübke

Neersen. Intendant Jan Bodinus hat wieder mal den richtigen Riecher gehabt: Die bekannte Operette „Im Weißen Rössl“ von Hans Müller und Erik Charell mit Musik von Ralph Benatzky könnte auch im Sommer 2018 die Menschen begeistern. Und das tat sie am Samstag bei der Premiere auch. Und wie!

Dafür gibt es viele Gründe. Einer davon: Man merkte den Schauspielern ausnahmslos an, dass sie Spaß an ihren Rollen haben. Diese Spielfreude riss mit. Auch Tanz und Gesang fielen ihnen federleicht.

Das Rössl — „mitreißend“ und „fantastisch“
Foto: Kurt Lübke

WZ-Redaktuer Werner Dohmen hat noch am späten Abend nach der Premiere begeistert bei Facebook gepostet: „Witzig-spritzige Premiere bei den Neersener Schlossfestspielen. Von wegen verstaubte Operette: Das „Weiße Rössl“ ist der Sommerhit des Jahres!! Für die Leistung des gesamten Ensembles — allen voran Matthias Freihof als Oberkellner — gab es langanhaltenden, verdienten Applaus.“

Premieren-Zuschauerin lobt die Aufführung bei Facebook

Die Begeisterung teilen viele Premierengäste. Eine Zuschauerin schreibt: „Einfach fantastisch, das sehe ich mir noch mal an.“ Sie ist nicht die einzige, die das vorhat. Ein anderer sagt: „Total gute Unterhaltung.“ „Rathaus Willich“ nickt zum Premieren—Lob: „Stimmt genau!“

Die Inszenierung unter der Regie von Lajos Wenzel verzichtet auf ein aufwendiges Bühnenbild. Ein Riesenplakat mit einem — warum auch immer — pinken Rössl drauf, drei Stühle und ein kleiner Tisch auf der einen, eine mobile Bar mit drei Barhockern auf der anderen Seite und ein Balkon, das war’s im Wesentlichen.

Rettungsringe erinnern daran, dass das „Weiße Rössl“ am Wolfgangsee steht. Der Mikrokosmos „Hotel“ spiegelt die Gesellschaft wider. Ausgerechnet die prominenteste Akteurin, Tanja Schumann, erlaubte sich als Josepha Vogelhuber, Inhaberin des „Rössls“, am Anfang zwei kleine Versprecher, kam aber schnell wieder zurück in die Spur.

Ihr Kellner Leopold, der sie sehr verehrt, bekommt eine barsche Abfuhr in Reimform: „Dein Herz ist mir ganz wurscht, aber die Gäste da drinnen haben Durscht.“

Wilhelm Giesecke (René Hofschneider) verkörpert den notorischen Nörgler, dem das Wasser zu nass und der Rotwein zu rot ist. Immerhin hat er eine hübsche Tochter: Ottilie (Anne Bedenbender) betört Rechtsanwalt Dr. Siedler (Thomas Kahle). Bei ihm ist es Liebe auf den ersten Blick, sehr zum Verdruss von Josepha, die ein Auge auf ihn geworfen hat.

Die Zuschauer ahnten: Das kann ja heiter werden. Und das wurde es auch. Die Akteure mit ihren unterschiedlichen Charakteren prägen „Im Weißen Rössl“. Den Gegenpart zum Dauernörgler Gieseke übernimmt Sven Post als Privatgelehrter Hinzelmann mit kleinem Budget: Der Professor verreist nur jeden dritten Sommer, spart zwei Sommer und genießt seine Reisen in vollen Zügen. Er federt auf die Bühne, als hätte er einen „Flummi“ verschluckt: Der schöne Sigismund Sülzheimer (Sebastian Teichner) — ein leicht schräger Typ, der sich an Klärchen (Maria Arnold), die Tochter von Professor Hinzelmann heranmach, und dem ein peinliches Missgeschick passiert: Er lästert im Beisein seiner Angebeteten über ein Mädchen, das stark lispelt — ohne zu wissen, dass auch Klärchen diesen Sprachfehler hat.

Die Inszenierung ist wie eine große Packung voll leckerer Pralinen. Die Zimmermädchen Zensi (Kerstin Bruhn) und Luise (Vanessa Frankenbach) sind mehr als nur schmückendes Beiwerk. Das gilt auch für Kellner Piccolo (David Imper) und Kathi, die fesche Briefträgerin (Reinhild Köhncke), die mit ihrem Posthorn lautstark auf sich aufmerksam macht.

Im Rössl, das auch die Reiselust der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg widerspiegelt, überrascht Kaiser Franz Joseph (Kay Szacknys) mit Bescheidenheit und Volksnähe. Das führt dazu, dass die Wirtin mit ihm sogar Liebesprobleme spricht. Das Credo des Kaisers: „Der Mensch kann nicht weg von sich.“ Er singt ein Loblied auf die Bescheidenheit.

Das macht ihn sympathisch. So sympathisch wie die gesamte Inszenierung.

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