Brieffreundin aus Italien meldet sich nach 27 Jahren

Marga-Christa Treffer konnte es kaum fassen, als sich ihre alte Bekannte aus Genua meldete.

Brieffreundin aus Italien meldet sich nach 27 Jahren
Foto: Wolfgang Kaiser

Anrath. Den 10. März wird Marga-Christa Treffer nicht so schnell vergessen. Schuld daran ist eine SMS mit den Worten „Du hast Post von Marina“. Die Anratherin befand sich im Winterurlaub, als sie die Nachricht von ihrer Tochter erreichte, die daheim den Briefkasten ihrer Mutter geleert hatte. „Ich habe das erst für einen Scherz gehalten“, sagt Treffer. Die 73-Jährige hatte seit 27 Jahren nichts mehr von ihrer Brieffreundin gehört.

Noch kurz vor dem Urlaub hatte sie ihrer Familie von Marina erzählt, wie schade sie es finde, dass der Kontakt abgerissen sei. Kennengelernt hatte Treffer die Italienerin aus Genua im Jahr 1959 bei einem Urlaub in Südtirol. „Ich wohnte mit meinen Eltern im Gasthof Wunder, wo auch Marina mit Familie Urlaub machte. Wir waren beide 14 Jahre alt und freundeten uns an“, erinnert sich Treffer. Sie sprach kein Italienisch, Marina kein Deutsch — so verständigten sie sich mit Händen und Füßen und über die Kindern der Gasthofinhaber. Die sprachen nämlich beide Sprachen. Am Urlaubsende tauschten beide die Adressen aus, und es entstand eine Brieffreundschaft. Wobei Treffer sich die auf Italienisch verfassten Briefe von Marina in der Anrather Eisdiele übersetzten ließ. Das Gleiche machte Marina bei Deutsch sprechenden Freunden, wenn Treffers Briefe bei ihr in Genua ankamen.

Marga-Christa Treffer, über den ersten Kontakt seit vielen Jahren

1964 reiste Marina nach Deutschland, im Gepäck auch erste Deutschkenntnisse. „Ich weiß noch, wie Marina mithilfe des Wörterbuches deutsche Zeitungen las“, erzählt Treffer lachend. Die Italienerin, die später Dolmetscherin wurde, war ein Sprachtalent, und als sie wieder nach Hause fuhr, konnte sie Deutsch.

Treffer heiratete 1964, und mit Mann und ihren Eltern ging es ein Jahr später erneut nach Italien, wo man sich wieder mit Marina traf. Auch Marina heiratete. Ihren Mann Rudi, ein Österreicher, verschlug es beruflich 1972 nach Essen. Das war die Zeit, in der die beiden Ehepaare viel Zeit miteinander verbrachten. Auch als Marina und Rudi nach Italien zurückkehrten, hielt die Freundschaft mit gegenseitigen Besuchen und Briefen. Doch 1991 brach der Kontakt ab, man hörte nichts mehr voneinander.

27 Jahre ruhte alles, bis nun der Brief kam. Wobei Marina diesen mit „4156 Willich — 2“ versehen hatte. Doch trotz der alten Postleitzahl von Willich landete der Brief im richtigen Briefkasten. „Ich hatte vor Freude Tränen in den Augen stehen, als meine Tochter mir den Brief am Telefon vorlas“, sagt Treffer. Sie rief Marina, die unter anderem auch ihre Telefonnummer angegeben hatte, sofort aus dem Urlaub an. „Sie hat meine Stimme am Telefon direkt erkannt und rief immer wieder nur Marga, du bist es.“ Dann ging das Erzählen los. Fest steht: Die beiden wollen sich nicht mehr aus den Augen verlieren, und die ersten gegenseitigen Besuche sind auch schon in Planung.

Marina hat inzwischen die korrekte Postleitzahl von Willich. Damit hat die Postsortiermaschine weniger zu tun, denn ein Brief mit einer falschen Postleitzahl bringt die Maschine zum Stoppen. „Wenn das passiert, gibt es zwei Möglichkeiten“, sagt Postsprecherin Britta Töllner. Entweder wird ein Foto gemacht und dieses zu einem Videocodierplatz gesendet, wo ein Mitarbeiter entsprechend korrigiert. Oder der Brief wird ausgeworfen und per Hand korrigiert. Danach geht es zurück in die Maschine.

Im Fall Treffers hat die Post eine alte Freundschaft wieder aufleben lassen. Denn wäre der Brief mit „Adresse nicht bekannt“ zurückgegangen, hätte es sicherlich keinen Kontakt mehr gegeben. tre

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