Zu Besuch bei Barsch und Krebs

Im Königshütte-See kann man Natur live erleben. Die WZ ist mit Tauchlehrer Willi Steffes untergegangen.

St. Hubert. Das Schuppenkleid der kleinen Rotaugen glitzert im schummerigen Schein der Unterwasser-Leuchte. Zwei größere Barsche treiben den Schwarm auseinander und jagen ihrer Beute hinterher. So schnell die Fische aufgetaucht sind, sind sie auch wieder verschwunden, das Licht scheint ins Nichts. Zu hören ist nur das regelmäßige Blubbern der Taucher, wenn sie ausatmen.

Fünf Meter unter der Wasseroberfläche im Königshütte-See, das ist schon eine ganz andere Welt. Dunkelgrüne Algen ruhen wie ein samtener Teppich auf dem sandigen Boden. Darauf liegen unzählige kleine Steine übersät mit Muscheln, die immer wieder auf und zu schnappen, auf und zu. Mittendrin hockt ein Krebs — so groß wie eine Hand — und reckt seinen Scheren nach oben.

Die Sicht ist gut. „Wir können hier bis zu zehn Meter weit sehen, das Wasser hat eine sehr gute Qualität“, erklärt Willi Steffes, Tauchlehrer beim Segel-Surf-Club Kempen. Regelmäßig begleitet er Anfänger bei den ersten Tauchgängen.

Eine der wichtigsten Übungen ist der Druckausgleich. Steffes macht es vor: Er sinkt knapp unter die Wasseroberfläche, hält sich die Nase zu und versucht mit aller Kraft dadurch auszuatmen. Wer ein leises Zischen und Knacken im Ohr hört, hat es richtig gemacht, der Druck im Innenohr ist den Unterwasserverhältnissen angepasst. „Das sollte man regelmäßig wiederholen“, so Steffes.

Ein paar Züge weiter und etwas tiefer abgetaucht eröffnet sich ein Labyrinth aus Wasserpflanzen. Es gibt gerade, dünne Äste und gewellte Blätter — und Weihnachtsbäume. Natürlich ohne Schmuck und mittlerweile auch ohne Nadeln. Wie gespenstische Gerippe ragen die kahlen Äste in die Höhe. „Wir werfen jedes Jahr Weihnachtsbäume in den See als Laichplätze für die Fische“, erklärt Werner Huppertz vom Präsidium des Clubs. „Das ist gut für die Angler und die Taucher haben mehr zu sehen.“

Apropos sehen: Während eines Tauchgangs füllt sich die Maske immer mal wieder mit Wasser. Steffes kennt die Lösung: Er legt den Kopf in den Nacken, drückt die Maske oben an die Stirn und bläst kräftig durch die Nase aus. Blubbernd und sprudelnd entweichen Luft aus seiner Nase und das Wasser aus der Taucherbrille. Steffes hebt den Arm, spreizt die Finger ab und legt die Spitzen von Daumen und Zeigefinger aufeinander. „Okay“, es kann weiter gehen. Da unter Wasser keine Unterhaltung möglich ist, greifen die Taucher auf Zeichensprache zurück.

Die Herausforderung Tauchen beginnt allerdings nicht im Wasser, sondern schon in der Umkleidekabine. Die erste Hürde heißt Neoprenanzug. Der sorgt zwar dafür, dass es nicht allzu kalt wird, ist aber auch verflixt eng. Das Hineinschlüpfen — oder besser Hineinzwängen — ist ein kleiner Kampf. Wer es geschafft hat, ist von den Knöcheln bis über den Kopf und das Kinn bis zu den Handgelenken verpackt. Dazu kommen Handschuhe und Füßlinge, Schuhe aus Neopren und Gummi.

Zur Ausrüstung gehören außerdem die Tauchermaske, Schwimmflossen, eine auf- und abpumpbare Weste, ein Gürtel mit Bleistücken und eine Pressluftflasche mit Atemgerät. „Darin ist ein Gemisch aus Sauer- und Stickstoff mit einem Druck von 200 Bar“, erklärt Steffes. „Zum Vergleich: Auf einem Autoreifen sind zwei bis drei Bar.“

So verpackt und etwa 18 Kilogramm schwerer lässt es sich an Land nur noch tölpelhaft in Richtung See stacksen. Unter Wasser allerdings schweben die Taucher elegant dahin — so die Theorie. In der Praxis stellt es für Anfänger ein Problem dar, nicht hilflos wie eine Boje dahinzutreiben. Steffes ist der Navigator, hilft, die Beine unter den Oberkörper zu bekommen. „Bis man das richtig raus hat, das dauert schon ein paar Tauchgänge“, sagt der Profi.

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