Zeitreise in der Altstadt

Auf dem Buttermarkt bekamen Besucher viele historische Einblicke.

Kempen. „Guck mal, das Wikingerschiff!“, staunte die achtjährige Amelie am Stand der Höckerey, wo es — so will es der Name — von allem etwas gab. Neben dem Buchenholz-Schiff waren das unter anderem Holzlöffel, Flöten und ein Schachbrett. „Unsere Lederwaren sind alle handgefertigt und kommen aus eigener Herstellung“, pries Höckerin Anja Maydeck ihre Waren an. Handwerk, Mitmach-Aktionen und historische Kostüme lockten am Wochenende zum Mittelaltermarkt auf Kempens zentralen Platz.

Auch Amelies Mutter Melanie Hoffmann war vom historischen Treiben angetan: „Kempen ist eine schöne Stadt. Ein Bummel macht mit Mittelalter- und Weihnachtsmarkt gleich noch mehr Spaß“, sagt die Rheinbergerin. Knackend loderten die Holzscheite in den Feuerkörben, die entlang der zahlreichen Zeltstände aufgestellt waren. Doch nicht nur nach Feuer, sondern auch nach Brot duftete es verführerisch: Die Feldbeckerey bot herzhafte Kräuterfladen und süßes Früchtebrot.

Besonderer Anziehungspunkt war die lebende Krippe mit zwei Eseln und zwei Schafen. Dort saß Anny Schön als Maria im Stall und wartete auf ihre Gefährten. Gemeinsam zogen sie von Zeit zu Zeit los, um die Suche nach einer Herberge durch Bethlehem nachzuspielen.

Römischen, keltischen und Mittelalter-Schmuck wie Runen- oder Gliederringe gab’s beim Schmuckhändler — und eine spannende Geschichtsstunde gratis. Es war zu erfahren, dass ein Leibeigener sein Leben lang einen geschlossenen Eisenring um den Hals trug. Wurde er aus der Leibeigenschaft befreit, schnitt man den Ring an einer Stelle auf und bog die Enden spiralförmig zur Seite. „Dieser Schmuck ist das Statussymbol des freien Menschen“, erklärte die Verkäuferin.

Im Zelt nebenan bot die „Frau für alle Felle“ Haariges von Kaninchen, Rentier oder Schaf feil — genau das Richtige beim teils regnerischen Schmuddelwetter. Ebenfalls wärmend waren die „Weine aus verschiedenen Jahrhunderten“ wie der französische Hypokras. Das Rezept aus dem 14. Jahrhundert kam ohne Reinzuchthefe aus, wie der „Panscher“ Elif Frölich erzählte. Jedes Produkt ein Treffer: Heinrich der Bogner erklärte alles rund um Pfeil und Bogen. Ausgewogen muss die Waffe sein, gerade und mit Messingspitze.

Wer schreibt, der bleibt — das war auch schon im Mittelalter so. Hans Josef Altmann zeigte Kaligrafie, die Kunst des Faltbriefes und die Notwendigkeit von Wasserzeichen. „Die Papierschöpfer wählten den geflügelten Stier als Wappentier“, so Altmann. Währenddessen schliff Lea (6) eine Eule aus Speckstein: „Die ist für meine Tante zu Weihnachten“, sagte das fleißige Mädchen.

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