Kempen Volksbank baut auf Sicherheit

Bilanz des Jahres 2016 fällt positiv aus. Doch neue Vorschriften und niedrige Zinsen machen Probleme.

Kempen: Volksbank baut auf Sicherheit
Foto: Reimann, Volksbank, P/M C.A. Kölker

Kempen/Grefrath. Würde Josef Stieger auf die Idee kommen, ein Haus bauen zu wollen und dafür einen Kredit beantragen — er würde ihn wohl nur mit Mühe bekommen. Was natürlich nicht daran liegt, dass der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Kempen-Grefrath nicht kreditwürdig wäre. Doch mit seinen 63 Jahren wäre er nach den neuen „Wohnimmobilien-Kreditrichtlinien“ schlichtweg zu alt für eine langfristige Finanzierung. „Diese Richtlinien kommen von der EU aus Brüssel — und in Deutschland wurde noch einmal Chili aufgestreut“, kritisierte Stieger bei der Bilanzpressekonferenz der Volksbank. „Zweimal sind Projekte von älteren Kunden schon an diesen Regeln gescheitert“, ergänzte sein Vorstandskollege Helmut Thönes.

Die große Weltpolitik — in Kempen und Grefrath ist sie längst angekommen. Das zeigten die beiden Bänker nicht nur an diesem Beispiel auf. So sind die Folgen der Niedrigzins-Politik Mario Draghis, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), auch am Niederrhein zu spüren. Die Volksbank muss mittlerweile Strafzinsen zahlen, wenn sie bei der EZB Geld anlegt. Bisher habe man es aber vermeiden können, dies an die Geschäftskunden weiterzugeben.

Generell betonten Josef Stieger und Helmut Thönes: In einem schwierigen Umfeld habe man sich behaupten können. Ein Plus bei der Bilanzsumme von vier Prozent auf jetzt 360 Millionen Euro sei „recht ordentlich“, so Stieger. Ebenfalls „sehr, sehr ordentlich“ nennt er die Vergabe von neuen Krediten über rund 45 Millionen Euro an Immobilienbesitzer und mittelständische Unternehmer.

Bei den aktuellen Niedrigzinsen lohnen Kreditverträge mit einer bis zu 20-jährigen Zinsbindung, wie sie von der Volksbank empfohlen werden. Allerdings auch die Tilgung der Darlehen dürfe man dabei nicht vergessen. Derzeit würden hohe Sondertilgungen geleistet, informierte Stieger.

Was machen die Kunden sonst noch mit ihrem Geld? Sie legen es auf die hohe Kante: 269 Millionen Euro sind im Vorjahr bei der Volksbank angelegt worden. Dabei wuchs allein das Volumen der Tagesgeldkonten um fünf Prozent auf 156 Millionen Euro — trotz extrem niedriger Zinsen. Bei den Gesamtspareinlagen gab es ein Plus von zwei Prozent auf 98 Millionen Euro. Auch beim Börsengeschäft setzten die Kunden auf ein gutes Verhältnis zwischen Chance und Sicherheit, so Stieger.

Ein zentrales Thema im Jahr 2017 werde die demografische Entwicklung sein. Denn der Altersdurchschnitt der Mitglieder und Kunden steigt — und wie am Beispiel der Kreditrichtlinien zu sehen war, führt dies zu neuen Herausforderungen. Außerdem wird die Suche nach Nachwuchs für die Volksbank schwieriger. Stieger und Thönes (46 und 44 Jahre im Unternehmen) betonten, dass ihre Mitarbeiter Spaß an der Arbeit haben: „Sie verlassen uns eigentlich nur der Liebe wegen.“ Insgesamt beschäftigt die Bank 75 Frauen und Männer — darunter sechs Azubis.

Die Digitalisierung sieht man bei der Volksbank als „Herausforderung“ (Thönes) an. Schon jetzt nutzen viele Smartphone-Besitzer die vorhandene App. Möglichst noch in diesem Jahr soll zusätzlich eine digitale Geschäftsstelle aufgebaut werden. An der Zahl der Filialen wird sich aber nicht ändern.

Die Modernisierung des Nebengebäudes der Volksbank-Zentrale an der Burgstraße kommt mittlerweile gut voran: Mitte des Jahres wird mit der Fertigstellung gerechnet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort