Stadtwerke und ihre Tariferöhung: Verbraucher sind wechselwillig

Nach Angaben der Stadtwerke ist die Tariferhöhung nur staatlichen Abgaben geschuldet.

Kempen. „Wir haben einen verstärkten Kundenwechsel zu verzeichnen.“ Norbert Sandmann, einer der beiden Geschäftsführer der Stadtwerke Kempen, macht keinen Hehl daraus, dass die Strompreiserhöhung zum 1. Januar viele Verbraucher zum Nachdenken gebracht hat. Darüber, den Stromanbieter zu wechseln. Darüber, sich auf ein günstigeres Angebot bei einem anderen Konzern einzulassen. Wie viele der rund 22 000 Stadtwerke-Kunden sich zu einem Wechsel entschlossen haben, steht derzeit noch nicht fest. „Das werden wir etwa im März absehen können“, so Sandmann.

„Zudem haben wir festgestellt, dass die Kunden verunsichert sind“, sagt Sandmann. Nach einem Informationsschreiben zur Tariferhöhung an die Kunden habe es viele Nachfragen gegeben — wesentlich mehr als sonst.

Auch bei der WZ meldeten sich einige Leser, die die Preiserhöhung im Einzelnen nicht nachvollziehen können. „Unter einer transparenten und nachvollziehbaren Kundeninformation stelle ich mir etwas anderes vor“, schreibt zum Beispiel der Kempener Hans-Joachim Albrecht.

Im Gespräch mit der WZ stellt die Geschäftsführung klar, dass sie sehr wohl transparent mit der Tariferhöhung umgehe. „Da gibt es nichts zu verheimlichen“, sagt Geschäftsführer Siegfried Ferling. Vor allem deshalb, weil die Stadtwerke als kommunaler Versorger nichts für die Erhöhung durch staatliche Abgaben könnten. „Die Stadtwerke Kempen verdienen an der Tariferhöhung keinen Cent“, ergänzt Norbert Sandmann. „Das ist daran zu erkennen, dass der Grundpreis für Strom von uns stabil gehalten wurde.“

Für die Erhöhung seien ausschließlich Abgaben an Bund und Netzbetreiber — unter anderem wegen der Finanzierung der Energiewende — verantwortlich. Größter Batzen im Kosten-Mix sei die EEG-Umlage des Bundes, um die Energiewende zu bezahlen. Ein Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr zahlt im Grundversorgungstarif der Stadtwerke seit 1. Januar 5,277 Cent pro kWh an EEG-Umlage. 2012 waren es noch 3,592 Cent.

Auch weitere Pflichtabgaben seien erhöht worden: So regelt der Gesetzgeber nach Paragraph 17 und 19 der Stromnetz-Entgeltverordnung Abgaben der Versorger. Dabei geht es um eine Haftungsumlage für Offshore-Windkraftanlagen (§ 17) und die Netzentgeltbefreiung sogenannter „stromintensiver Großkonzerne“ (§ 19). Und auch die pflichtgemäße Förderung des Ausbaus von Kraftwärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) ist nach Angaben der Stadtwerke angestiegen: von 0,002 (2012) auf 0,126 Cent (2013) pro kWh.

„All’ diese Abgaben mussten wir leider an unsere Kunden weitergeben“, sagt Norbert Sandmann. Die Stadtwerke seien als 100-prozentige Tochter der Stadt Kempen kein Unternehmen der Gewinnmaximierung. Es gebe keine Rücklagen, um diese Abgabenerhöhung ausgleichen zu können.

Unterm Strich muss ein Stadtwerke-Kunde bei einem Verbrauch von 3500 kWh im Jahr künftig jährlich 969,08 Euro für seinen Strom zahlen. 2012 waren es noch 867,03 Euro. Das entspricht einem Anstieg von 10,5 Prozent. In anderen Tarifen gebe es auch höhere Preisanstiege.

Die beiden Geschäftsführer gehen davon aus, dass sich weitere Kunden für einen Wechsel entscheiden. „Es ist ja auch verlockend, wenn andere Anbieter mit kurzfristigen Wechsel-Boni locken“, sagt Norbert Sandmann. Aus seiner Sicht zahlen das die Kunden aber im Laufe eines Vertrages nach. „Die Konzerne wollen zunächst Kunden gewinnen und setzen dann darauf, dass der Verbraucher vorerst nicht mehr wechselt“, ergänzt Ferling.

Langfristig sind die Stadtwerke laut Ferling aber die „bessere Alternative“. Nicht zuletzt sei der Service vor Ort „ein großes Pfund“: „Die Verbraucher können direkt zu uns kommen. Und wenn es Probleme gibt, kommen wir ’raus.“ Dass sich aktuell zirka 95 Prozent der Kempener Haushalte für die Standwerke entschieden haben, bringe das zum Ausdruck.

Beim Blick in die Zukunft hat die Geschäftsführung schlechte Nachrichten für die Verbraucher. Ferling: „Für die Finanzierung der Energiewende wird der Bund die Abgaben wohl weiter erhöhen.“

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