Kempen Stadt muss 50 Millionen investieren

Schulen, Kitas, Rathaus — in den nächsten Jahren stehen kostspielige Großprojekte in Kempen an.

Kempen: Stadt muss 50 Millionen investieren
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Die für Kempens Zukunft wichtigsten Zahlen tauchen im Haushalt 2018, den Kämmerer Jörg Geulmann am Dienstagabend in der Ratssitzung eingebracht hat, noch gar nicht auf. Aus dem einfachen Grund, weil die Kosten für den Umbau der Schulen, die Instandsetzung von Turnhallen, den Neubau von Kitas und die Sanierung des Rathauses am Buttermarkt noch gar nicht genau definiert werden können. „Für diese Bereiche kann man aber getrost von einem Investitionsvolumen von 50 bis 60 Millionen in den nächsten Jahren ausgehen“, sagte Geulmann in einem Pressegespräch im Vorfeld der Ratssitzung.

Mit diesen Schätzungen im Hinterkopf blickt man im Rathaus auf den Etatentwurf für 2018 sicher mit Sorgen. Im kommenden Jahr rechnet Geulmann mit einer Deckungslücke von 3,95 Millionen Euro. Einnahmen von 95,76 Millionen Euro stehen Ausgaben von 99,61 Millionen Euro gegenüber. Nach Angaben des Kämmerers liegt das unter anderem an höheren Personalkosten (rund eine Million Euro) und Mehrausgaben bei sogenannten Transferaufwendungen.

Zu letzteren gehört die Kreisumlage, bei der es ein wenig kompliziert wird. Die Stadt Kempen plant für 2018 mit einer Zahlung von 19 Millionen Euro an den Kreis. 2017 waren es 17,9 Millionen Euro. Kempen muss also mehr Kreisumlage zahlen, obwohl Kreiskämmerer Thomas Heil eine Senkung des Hebesatzes um drei Prozent angekündigt hat. „Bemessungsgrundlage für die Zahlung ist das Jahr 2016“, erklärt Jörg Geulmann. Und damals hatte die Stadt Kempen „enorm hohe Einnahmen an Gewerbesteuer“. Deshalb müsse man nun mehr an den Kreis abführen. „Die Senkung des Hebesatzes hat die Auswirkungen natürlich abgeschwächt“, so Bürgermeister Volker Rübo. Andernfalls hätte das Minus un 2018 wohl mehr als fünf Millionen Euro betragen.

„Unterm Strich muss man sicher sagen, dass es uns im Vergleich zu anderen Kommunen gut geht“, sagte Rübo im Pressegespräch. „Wir müssen aber darauf achten, dass die diversen Großprojekte noch nicht kalkuliert sind. Kempen ist keinesfalls auf Rosen gebettet.“ Das zeigt auch ein Blick auf die Schuldenentwicklung. 2017 lag der Schuldenstand Kempens noch bei 37,7 Millionen Euro. Für den Zeitraum von 2018 bis 2021 rechnet der Kämmerer jeweils mit rund 55 Millionen Euro. „Wenn Kredite für die angesprochenen Großprojekte dazukommen, werden wir noch mehr Schulden haben“, ergänzte Geulmann.

So weit zu den nackten Zahlen. In seiner Haushaltsrede machte der Kämmerer auf „die wichtigste Ressource einer Stadtverwaltung“ aufmerksam. „Das sind die Mitarbeiter“, so Geulmann. Diese Ressource sei knapp und wertvoll. Durch viele Ämter hinweg spüre man schon jetzt, wie schwer es ist, Personal zu finden. Exemplarisch sprachen Geulmann und Rübo gegenüber der Presse die Bereiche Hochbau und Kindertagesstätten an. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt werde schlechter. „Es gibt Berechnungen im Land, dass in den Kommunalverwaltungen 2030 jede neunte Stelle unbesetzt sein wird“, so Geulmann. Mit Blick auf die Tatsache, dass in Kempen viele Mitarbeiter in den Ruhestand gehen werden, sei die Berechnung auch für die Stadt realistisch.

„Ich sage es Ihnen so unverblümt wie es ist: Wir sind nicht vorbereitet“, so Geulmann in seiner Haushaltsrede gestern Abend. Im Bereich der Personalgewinnung und -entwicklung bestehe „dringender Handlungsbedarf, wenn die Stadt Kempen ihre Aufgabenerledigung auch noch in Zukunft gewährleisten möchte“. Der Konkurrenzkampf mit der freien Wirtschaft, aber auch mit anderen Kommunen sei bereits in vollem Gange. Die Stadt Kempen müsse sich jetzt auf den Weg machen.

Eine Stellenbesetzung „über Bedarf“ darf laut Geulmann kein Tabu sein. In diesem Zusammenhang nannte er die Studie des Beratungsunternehmens Allevo, das auf Zahlen von 2015 basiert, „überholt“. Erste Ergebnisse zur Umsetzung der Studie will die Verwaltung im Frühjahr auf den Weg bringen. Aus Sicht von Geulmann, aber auch von Bürgermeister Rübo, kann es dabei in erster Linie nur um Strukturen und Abläufe gehen. Der von Allevo attestierte Überhang von etwa 14 Stellen sei obsolet. Zumal die Stadtverwaltung einen außergewöhnlich hohen Krankenstand verzeichne.

Auf der einen Seite stehen millionenschwere Großprojekte an, auf der anderen Seite befindet sich die Verwaltung in einem schwierigen Umbruch. „Das wird Turnen am Hochreck“, so Volker Rübo. Gemeinsam mit den Fraktionen müsse sich die Stadtverwaltung diesen Aufgaben stellen.

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