Kempen Kempener Feuerwerk der Farben

Der Martinszug in der Altstadt begeisterte rund 30 000 Besucher. Diese sparten nicht mit Applaus für die vielen wunderschönen und originellen Fackeln der etwa 3000 Schüler.

Kempen. Die Regenschirme müssen zum Glück nicht ihren ursprünglichen Zweck erfüllen. Kreative Modelle dienen stattdessen als Laternen und leuchten bunt im Kempener Abenddunkel. Schüler der Erich-Kästner-Realschule haben sie gestaltet.

Die Jugendlichen aus der neunten und zehnten Klasse sind außerdem mit Flaggen-Fackeln aus verschiedenen Ländern und rosa-scheinenden Flamingos unterwegs. Als sie aus der Tiefstraße kommen und sich den Weg durch die Menschenmenge zum Kuhtor bahnen, brandet immer wieder Applaus auf. Dort, wie anderswo: laufend Gänsehautmomente!

Kempen: Kempener Feuerwerk der Farben
Foto: Kurt Lübke
St. Martinszug in Kempen
36 Bilder

St. Martinszug in Kempen

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Schulleiterin Sigi Strohe geht seit 2002 mit im großen Kempener Zug. „Und als Mutter war ich schon in den 90er Jahren dabei“, erzählt sie.

Rund 3000 Schüler, zahlreiche Musiker und geschätzte 30 000 Besucher machten Kempen gestern Abend wieder zu einem — ach was, seien wir selbstbewusst — zu dem Zentrum des rheinischen Sankt-Martin-Brauchtums.

Das Wetter, das sich am frühen Abend stabilisiert, unterstützt die allseits herrschende gute Laune. Wenn der Satz „Mir ist so kalt“ zu hören ist, dann ist der nächste Kakao- und Glühweinstand nicht weit.

Der Wind rüttelt zwar hin und wieder ganz schön an Lucy Bisters Laterne. Die Viertklässlerin von der Astrid-Lindgren-Schule hat ihr zur Sicherheit eine durchsichtige Plastikfolie übergestülpt. Auf vier Seiten sind Märchen abgebildet. Lucy zählt auf und dreht dabei ihr Kunstwerk entsprechend weiter: „Sterntaler, Rotkäppchen, Hänsel und Gretel und Rumpelstilzchen“. Fünf Schulstunden habe sie daran gearbeitet. Doch Mutter Christiane Bister protestiert lächelnd: „Damit kommst du gar nicht hin, das hat länger gedauert.“

Am Von-Broichhausen-Stift versammelt sich die Mülhausener Liebfrauenschule. Es entsteht ein Wald aus Mandalas. Das sind aus Asien stammende Schaubilder, die in der Kempener Variante natürlich von hinten beleuchtet werden.

Auch die beiden Kumpels Pierre und Phil (beide 10) haben solche Fackeln in der Hand. Sie entstanden nicht etwa im Kunstunterricht, sondern „freiwillig zu Hause“, wie Pierres Mutter, Silke Larosche, erzählt. Sie selbst sei als Schülerin schon mitgezogen — „schließlich bin ich ein Kempener Mädchen“.

Fast schon wie Martinsdarsteller „Jüppi“ Trienekens gehört Jürgen Hemkemeyer zum Martinszug. Der Kempener Künstler ist wie in jedem Jahr gut an seiner „Grubenlampe“ auf der Stirn erkennbar. Und wie in jedem Jahr muss er kurz vor dem ersten Trommelschlag noch schnell etwas an den Thomaeum-Fackeln richten. Diesmal ist es die Tragevorrichtung an einem Schmetterling, die sich plötzlich „aufgelöst“ hat. Die Gymnasiasten haben mit Hemkemeyer unter dem Motto „Afrika“ auch sieben Großfackeln gebaut, vom Pfau bis zum Löwen.

Zuschauer sind begeistert und applaudieren, als der Elefant vorbeizieht.

In einem afrikanischen Baum steckt Träger Jannick. Der 13-Jährige hat sich zum Schutz vor dem hellen Licht im Inneren der außergewöhnlichen Laterne eine Sonnenbrille aufgesetzt. Mitschülerin Alina passt auf, dass der „Baum“ nicht ins Stolpern kommt.

Einer unter vielen, vielen leuchtenden Hinguckern des Abends ist ein riesiger indianischer Traumfänger. Gebaut haben ihn die Schüler der „ehemaligen Johannes-Hubertus-Schule und Pestalozzischule“, wie auf einem Fackel-Transparent zu lesen ist. Passend zum Traumfänger folgen viele kleine Tipis, Indianerzelte auf Stecken.

Nach 18 Uhr umrundet St. Martin auf seinem Ross Primel die Kempener Burg. Der Tross der Laternen-Gruppen, dicht hinter ihm. So reiht sich Gruppe für Gruppe auf. Der Ring ist ein Lichtermeer: Vor den Absperrungen rund um die Burgwiesen stehen die Menschen in Fünfer- und Sechserreihen. Sie erwarten das Feuerwerk. Die Spannung ist zu spüren. Als die Beleuchtung ausgeht, werden die Raketen gezündet. Es knallt und zischt über den Burgtürmen. Es regnet Sterne. Jede Menge bunte Lichter jagen ins Dunkle — wie Himmelstürmer, wie ein Hurra. Diese Momente sind wie ein kraftvolles Dankeschön an alle Fackelträger, die andächtig und staunend den Lichtpunkten folgen. Als sich die „Wasserfälle“aus den Türmen ergießen, applaudiert Kempen. Es war großartig.

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