Jugendamt: Neue Chefin hat viele Ideen

Heike Badberg ist Nachfolgerin von Klaus Balsam. Der Ausbau der Kitas und Kinderarmut sind zentrale Themen.

Kempen/St. Hubert. Heike Badberg ist neu im Amt. Dennoch ist die 44-Jährige bereits routiniert in Sachen Kempener Jugend. Zum 1. Oktober hat sie die Leitung des Jugendamtes von Klaus Balsam übernommen, der sich in den Ruhestand verabschiedet hat. 21 Jahre arbeitet die diplomierte Sozialpädagogin bereits im Jugendamt.

„Ich bin in der Zeit in sämtlichen Bereichen gewesen“, sagt Badberg. Vom sozialen Dienst bis zu den Kindertageseinrichtungen. „Das hilft mir jetzt sehr.“ 2008 übernahm sie die Leitung der Jugendhilfe- und Kindertageseinrichtungen. Jetzt ist sie für rund 130 Mitarbeiter verantwortlich.

Besonders am Herzen liegt der zweifachen Mutter die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das decke sich auch mit dem Interesse der Kempener. Viele Eltern seien heute bestrebt, früh in den Beruf zurückzukehren. „Wir haben gerade im Bereich der Kindertagespflege, wo es um die Kleinsten geht, eine riesige Nachfrage“, sagt Badberg.

Bis 2013 wird der Ausbau von Plätzen für unter Dreijährige in Kindertageseinrichtungen noch anhalten. „Ich hoffe, dass wir dann in der Lage sind, der Nachfrage der Eltern gerecht zu werden.“

Vor 30 Jahren wurde das Jugendamt gegründet, viele Aufgaben und Schwerpunkte haben sich bis heute verändert. „Deshalb ist es wichtig, noch einmal genau hinzusehen“, sagt Badberg.

„Ich würde mir wünschen, dass jeder gerne zur Arbeit kommt.“ Aus diesem Grund möchte Badberg einen Gesundheitstag für Erzieher der Kindertagesstätten einführen. „Wir haben in dem Bereich einen sehr hohen Krankenstand. Die Kollegen stehen unter großem Stress.“

Auch die körperliche Belastung sei enorm, insbesondere für ältere Kollegen. Derzeit sollen neu geschaffene „Springerstellen“ zumindest für punktuelle Entlastung sorgen. Ein Bewerbungsverfahren dazu läuft. Im Rahmen des Gesundheitstags sollen die Pädagogen beispielsweise an Seminaren in Stressbewältigung oder Rückengesundheit teilnehmen.

Andere Neuerungen innerhalb der Behörde werden per Gesetz vorgegeben. Zum 1. Januar des kommenden Jahres tritt beispielsweise das neue Bundeskinderschutzgesetz in Kraft. Bereits Schwangere sollen dann vom Jugendamt angesprochen werden.

„Wie das in der Umsetzung funktioniert, ist aber noch unklar“, sagt Badberg. Dennoch halte sie die Gesetzgebung für einen Fortschritt. „Es ist wichtig, so früh wie möglich Hilfestellung bieten zu können.“

Auch wenn das „beschauliche Kempen“ nicht gerade ein sozialer Brennpunkt ist. Kinderarmut ist ein alltägliches Thema. Neu gegründet wurde deshalb jüngst das Netzwerk Kinderarmut, das Badbergs Vorgänger Balsam koordiniert.

Finanziert wird das Projekt aus Landesmitteln. „In Großstädten hat dieses Thema natürlich eine ganz andere Dimension, aber auch hier müssen zu viele Kinder in Armut leben.“ Laut einer Erhebung verfügt jede vierte Kempener Familie mit kleinen Kindern über ein jährliches Bruttoeinkommen, das unter 16 000 Euro liegt.

Beim Jugendamt macht sich das in der Höhe der Elternbeiträge bemerkbar. Im Alltag ist dieses Thema bei den betroffenen Familien mit viel Scham besetzt, weiß Heike Badberg. Über Armut spricht niemand gerne. Kaputte Kleidung oder besonders großer Appetit in der Kita sind die stummen Signale für Erzieher.

„Wir bemühen uns deshalb, sämtliche finanziellen Beiträge von Eltern, zum Beispiel beim Schultüten-Basteln, möglichst gering zu halten“, sagt Badberg. Auch wird verstärkt für Hilfe aus dem so genannten Bildungspaket geworben. Darüber hinaus kann sich Badberg die Einrichtung eines Elterncafés oder einer Kleiderbörse vorstellen. An Enthusiasmus mangelt es der 44-Jährigen nicht. Zum Glück — denn es gibt viel zu tun.

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