Jürgen Pankarz: Der Träumer am Tisch

Der erfolgreiche Illustrator aus St. Hubert, vielen Menschen als „Moses“ bekannt, musste mit 15 Jahren die Schule verlassen. 55 Jahre später blickt er zurück.

Jürgen Pankarz: Der Träumer am Tisch
Foto: Manfred Baum

St. Hubert. „Der Träumer am Tisch“. So hieße des Männeken, das Jürgen „Moses“ Pankarz zeichnen würde, wenn man ihn aufforderte, seine Duisburger Schulzeit zu skizzieren. Der Träumer Pankarz hatte da seine glücklichen, „wunderbaren“ Volksschuljahre Anfang der 50er Jahre in Lübeck bereits hinter sich.

Jürgen Pankarz: Der Träumer am Tisch
Foto: Archiv/privat

Damals, sagt der St. Huberter, sei er ein guter Schüler gewesen, einer mit dem Blick für die hübsche, schicke Lehrerin mit dem 50er-Jahre-Styling und dem Blick auf die Zonengrenze, das Niemandsland, das gleich hinter seinem Schulhof am Schlagbaum begann. „Mein Betragen war sehr gut. Ich hatte prima Kopfnoten“, erinnert sich Pankarz.

Im Jahr 1953 zog die Familie nach Duisburg um. Der Vater, ein Beamter, hatte sich bei der Verwaltung in der Stadt beworben, in der immer noch nur jedes dritte Haus stand. „Für mich war das ein Kulturschock“, sagt der heute 71-Jährige. „In Duisburg bekam ich die Gegnerschaft der Katholiken zu spüren.“ In dieser Zeit wurde der erste Tadel ins Klassenbuch geschrieben: „Jürgen träumt.“

„Mein Vater war sehr ehrgeizig. Ich war der Jüngste, sollte die akademische Laufbahn einschlagen. Er wollte, dass ich aufs Gymnasium gehe.“ Durch die erste Aufnahmeprüfung war „Moses“ Pankarz noch durchgefallen. Dann wurde er doch noch Schüler des Steinbad-Gymnasiums. „In Kunst hatte ich eine Eins. Und überall dort gute Noten, wo ich etwas zeichnerisch darstellen konnte. Erdkunde, Religion. Biologie.“

Zwei Fächer aber „gingen gar nicht: Latein und Mathematik“. Pankarz blieb zweimal sitzen, musste mit 15 Jahren die Schule verlassen. „Ich habe mich wirklich verweigert“, sagt er — der Schule, Lehrern ohne pädagogische Qualifikation und dem Ehrgeiz des Vaters.

„Mein Kunstlehrer war traurig. Er sagte: ,Immer müssen meine besten Schüler gehen.’“ Schon damals habe er Männekes gemalt, erinnert sich der Illustrator, der heute auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken kann.

Einmal aus der Schule, sei er, sagt Pankarz, „erleichtert, ja erlöst“ gewesen. Er machte ein Volontariat bei den Fotowerkstätten in Duisburg, eine Lehre als Grafik- beziehungsweise Trickfilmzeichner.

„Von da an ging es mir richtig gut. Mein Talent war mein Rettungsanker.“ Ein guter Lehrer zeichne sich durch Einfühlungsvermögen, Fantasie und Begeisterungsfähigkeit aus. Das Gymnasium, das er erlebt habe, sei „eine Schule für kleine Erwachsene gewesen“.

Heute, mit sieben Jahrzehnten Lebensweisheit, sagt Jürgen „Moses“ Pankarz voller Überzeugung: „Schule hat kein Monopol auf Bildung.“ Und während der St. Huberter das ruhig, fast melancholisch sagt, sitzt er da, den Kopf auf einen Ellbogen gestützt und schaut zum Fenster raus. Der Träumer am Tisch.

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