Kempen Hülser Straße: Fünf-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft

Nach dem Fund eines Blindgängers musste am Mittwoch das Gewerbegebiet evakuiert werden. Straßen wurden gesperrt, der Bahnverkehr wurde zeitweise eingestellt.

Kempen. Seinen letzten Urlaubstag hatte sich Franz-Heiner Jansen eigentlich anders vorgestellt. Aber der Chef der Kempener Feuerwehr muss natürlich dabei sein, wenn die Einsatzkräfte ihre Basis räumen müssen. Da gibt es einiges zu organisieren, zu telefonieren und zu koordinieren. Grund dafür war eine Fünf-Zentner-Bombe, die am Mittwochvormittag auf einem Feld an der Hülser Straße — gegenüber der Feuerwache — gefunden wurde. So wie die Feuerwehr mussten auch das Straßenverkehrsamt und zahlreiche andere Firmen in einem Umkreis von 250 Metern um den Fundort geräumt werden. Der Bahnverkehr wurde eingestellt, Busse wurden umgeleitet. Die Hülser Straße und der Kempener Außenring in diesem Bereich waren für Stunden gesperrt.

Es war wohl der größte Bombenfund, den es in den letzten Jahrzehnten in Kempen gegeben hat. Seit mehr als 40 Jahren sei er bei der Feuerwehr, so Pressesprecher Johannes Dicks: „Aber an so einen Fund kann ich mich nicht erinnern.“ Auch für Feuerwehr-Chef Jansen war es in dieser Größenordnung der erste Bombenfund. Die Evakuierung der Rettungswache war ebenfalls eine Premiere.

Kempen: Hülser Straße: Fünf-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft
Foto: Kurt Lübke

Auf dem Areal südlich der Hülser Straße zwischen dem Kempener Außenring und der Bahnstrecke soll ein neues Gewerbegebiet entstehen. Bevor dort gebaut werden kann, musste aber der Kampfmittelräumdienst die Fläche sondieren. Das ist nach Angaben der Experten aus Düsseldorf am 2. Januar geschehen. Der Boden wurde durchleuchtet und dabei wurden einige neuralgische Punkte ausgemacht. Am Mittwoch überprüfte nun eine Fachfirma mit Hilfe eines Baggers diese Stellen und stieß in zweieinhalb Metern Tiefe tatsächlich auf ein Überbleibsel aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs.

Frank Höpp vom Kampfmittelbeseitigungsdienst war da gerade noch bei einer Entschärfung in Uedem und wurde zusammen mit seinem Kollegen Thomas Kiefer nach Kempen gerufen.

In Kempen setzte sich sofort ein Krisenstab aus Vertretern von Stadt, Feuerwehr und Polizei zusammen. Gegen 11.30 Uhr wurden Feuerwehr und Rettungswache evakuiert. Die Rettungswagen wurden zum Krankenhaus und nach St. Hubert „verlegt“, die Feuerwehr zum nahe gelegenen Gelände des Bauhofs. Dort wurde auch der Einsatzleitwagen aufgebaut. In dem mobilen Büro konnte der Einsatz koordiniert werden. 35 Feuerwehrleute und 40 Polizeibeamte waren im Einsatz, sorgten unter anderem für die Evakuierung und hielten sich für den Fall der Fälle in Bereitschaft.

In der Mitte des nun menschenleeren Areals konnten dann die Experten vom Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung Düsseldorf ans Werk gehen. Doch die Entschärfung gestaltet sich etwas schwieriger als gedacht. „Der Zünder ist ein mechanischer Aufschlagzünder — ein englisches Modell“, erklärt Frank Höpp nachher. Durch den Aufprall sollte sich im Krieg ein Schlagbolzen in den sogenannten Detonator bohren, der dann die Bombe des Modells „MC 500 Pfund“ zur Explosion bringen sollte. „Warum das nicht geschehen ist, können wir heute nicht mehr sagen“, sagte Thomas Kiefer. Der Bolzen steckte aber so tief drin, dass die Experten am Mittwoch nicht selbst Hand anlegen wollten — sie entschieden sich für eine „Fernentschärfung“. Dafür wurde eine sogenannte Raketenklemme auf den Zünder geschraubt, die diesen mit Hilfe einer Impulskartusche mechanisch abschraubte. In einem zweiten Schritt wurde dann der „Detonator“ gesprengt.

Die Polizei drehte zuvor noch einmal Runden und wies mit Lautsprecherdurchsagen auf die Evakuierung hin. Dann konnte es losgehen. Gegen 15.15 Uhr hörte man auf dem rund einen Kilometer entfernten Gelände des Baubetriebshofs einen dumpfen Knall. Gegen 15.40 Uhr kam an der Einsatzleitstelle die offizielle Entwarnung an. „Die Bombe ist entschärft“, teilte Stadtsprecher Christoph Dellmans mit.

Um kurz nach 16 Uhr lag die 250 Kilogramm schwere Bombe, die rund 125 Kilogramm Sprengstoff enthält, sicher verschnürt und transportfähig im Kofferraum des Transporters. In Hünxe, in einer Außenstelle des Kampfmittelbeseitigungsdienstes, wird der Strengstoff nun herausgeholt und die Bombe entsorgt.

Die Straßensperrungen konnten aufgehoben werden, die Bahn konnte wieder fahren. In kurzer Zeit war die Rettungswache wie gewohnt besetzt und einsatzbereit.

Nun war aber erst einmal Zeit für Fotos — die Einsatzkräfte kamen näher und knipsten die Bombe, die sie alle stundenlang auf Trab gehalten hat.

Auch Bürgermeister Volker Rübo war gekommen und ließ sich von den Experten den Mechanismus erklären. Ob dies nun die einzige Bombe auf diesem Feld sei, wollte Rübo wissen. Das wollte Frank Höpp aber nicht bestätigen. Die Sondierungskarte zeigt noch einige bunte Flecken, die nun noch überprüft werden müssen.

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