Der Kreis altert und schrumpft

In einem Monitoring hat der Kreis Viersen sämtliche Statistiken zusammengestellt. Kommunen haben mit einem Rückgang der Bevölkerung zu kämpfen.

Kempen/Kreis Viersen. Wie viele Kinder leben im Kreis Viersen? Wie viele Männer und Frauen sind älter als 65? Wer pendelt jeden Werktag zur Arbeit nach Krefeld, Mönchengladbach oder Düsseldorf? Wer nimmt die umgekehrte Richtung zum Schreibtisch irgendwo im Kreis? Wie viel hat der Kempener im Dreijahresvergleich im Portemonnaie? Über wie viel Einkommen verfügt der Gref-rather im Vergleich zum Willicher oder Tönisvorster?

Antworten auf diese und viele weitere Fragen gibt das Kreis-Monitoring 2017. Das ist eine Übersicht an Zahlen, die die Lebensbereiche der Menschen in neun Städten und Gemeinden jährlich in Tabellen und Grafiken abbildet.

104 Seiten. Mit Vergleichen. Mit Plus und Minus. Mit Prognosen. Wohin steuert der Kreis, wohin seine Bürger? Gibt es in Zukunft genug bezahlbaren Wohnraum? Reicht er aktuell aus oder muss gegengesteuert werden? Das Monitoring versteht sich als Analyse-Tool, als Werkzeug, um das Ist zu erheben, das Soll zu erkennen und das Notwendige oder Wünschenswerte anzuschieben.

„Wir wollen eine solide Arbeitshilfe anbieten“, sagt Landrat Andreas Coenen. Das Monitoring geht der Politik zu, wird an die Kommunen gesandt, der Wirtschaft vorgestellt. Bürger können sich mit dieser Zahlen- und Fakten-Lektüre ein Bild von ihrem Lebens- und Arbeitsraum machen.

Der Kreis im Vorsorge-Check. Diagnose, Prognose, Strategie. Wer muss wo noch seine Hausaufgaben machen? Picken wir einmal einige Zahlen heraus.

Der Kreis Viersen ist grün. Drei Viertel seiner Fläche ist unbebaut, davon 40 Prozent als Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Seit 1995 aber ist eine konstant zunehmende Flächenversiegelung festzustellen. Zwischen 1995 und 2015 reduzierte sich die landwirtschaftliche Fläche um fast 3600 Fußballfelder (rund 2500 Hektar). Gleichzeitig wurden neue Siedlungsflächen ausgewiesen — in einem Ausmaß von 2300 Fußballfeldern.

Zwischen 2005 und 2015 ist die Einwohnerzahl der Stadt Willich gesunken — um 1191 Einwohner auf 50 748. Kempen verlor im selben Zeitraum sogar 1486 Einwohner (auf 34 837), Tönisvorst 942 (29 296) und Grefrath 1015 (14 914). In Schwalmtal sank die Zahl der Einwohner im selben Zeitraum lediglich um 140. Möglicherweise profitierte die Gemeinde vom Ausbau der A 52.

In diesem Zusammenhang wies Landrat Coenen auf die Bedeutung von S-Bahn-Halte-Punkten hin. Man werde alles dafür tun, dass die S 28 nach Willich und Viersen verlängert wird. „Das ist ein handfester Standortvorteil“, betonte Coenen. Er ließ nicht unerwähnt, dass er im Ringen um den regionalen Konsens mit dem Verhalten der Nachbarstadt Mönchengladbach nicht zufrieden ist.

Sogenannte Wanderungsgewinne prägen die jüngste Bevölkerungsentwicklung im Kreis — in den Jahren 2014/15 vor allem durch den Flüchtlingszuzug. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung, also von Personen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, staatenlos sind oder deren Staatsangehörigkeit nicht geklärt ist, lag 2015 bei 8,8 Prozent.

In dem Zehnjahreszeitraum 2005 bis 2015 hat im Kreisgebiet die Zahl der über 65-Jährigen um 6300 zugenommen, die der unter 30-Jährigen um mehr als 9000 abgenommen.

Beispiel Willich: 2005 machte der Anteil der Kinder im Alter zwischen 6 und 18 noch 15 Prozent aus. 2015 waren es 12 Prozent. Der Anteil der 30- bis 50-Jährigen lag 2005 bei 33,6 Prozent. 2015 bei 26,8 Prozent. Deutlich gestiegen ist die Zahl der 50- bis unter 65-Jährigen: von 17,4 auf 24 Prozent.

Grefrath: Rückgang der Zahl der 6- bis unter 18-Jährigen von 14,6 auf 10,8 Prozent. Zunahme der 50- bis unter 65-Jährigen von 18,1 auf 25 Prozent.

Kempen: Rückgang der Zahl der 6- bis unter 18-Jährigen von 14,3 auf 11,8 Prozent. Das bedeutet zwischen 2005 und 2015 ein Minus von 1109 Kindern und Jugendlichen.

Die Schülerzahlen an Grundschulen sind im Kreis in einem Zehnjahreszeitraum massiv gesunken. 2006 gab es noch 56 Grundschulen. 2016 nur noch 44. Die Zahl der Hauptschulen sank im Kreisgebiet von elf auf fünf, sie verloren 75 Prozent ihrer Schüler.

„Wir sind ein Auspendlerkreis“, sagt Andreas Budde, Bau- und Planungsdezernent des Kreises Viersen. Die Arbeitnehmer der Region sind in Bewegung. Die Alltagsmobilität in Zahlen: Im Juni 2015 mussten knapp 68 000 Menschen die Kreisgrenze überqueren, um zur Arbeit zu kommen. Je rund 14 000 nach Krefeld und Mönchengladbach, 12 000 steuerten Düsseldorf an. Seit 2010 ist eine kontinuierliche Zunahme der Pendlerströme festzustellen. Auspendler: plus 7,3 Prozent; Einpendler: plus 8,1 Prozent.

Fast 10 000 Krefelder arbeiteten 2015 im Kreis Viersen, 8000 kamen aus Mönchengladbach in die Kreiskommunen.

Innerhalb des Kreises Viersen sind ebenfalls tausende Pendler unterwegs. Beispiel: Mitte 2015 fuhren 679 Kempener zur Arbeit nach Tönisvorst, 408 nach Grefrath, 581 nach Viersen, 333 steuerten Willich an.

860 Tönisvorster arbeiteten in Kempen, 632 in Willich und 575 in Viersen. 838 Willicher arbeiteten in Viersen, 564 pendelten nach Tönisvorst.

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