Alkoholsucht: „Jeder Rückfall in der Gruppe macht mich noch stärker“

Frank gesteht: „Ich habe getrunken bis zur Bewusstlosigkeit.“ Hilfe fand er in Hinsbeck bei den Anonymen Alkoholikern.

<strong>Hinsbeck. Das Geständnis kommt zögerlich: "Ich habe ich erst meine Familie beklaut, später meine Firma." Das Geld brauchte Frank nur für eins: "Alkohol, egal in welcher Form. Ich habe täglich getrunken bis zur Bewusstlosigkeit." Die Sinne benebelt, im Rausch durch die Tage und Nächte und Jahre. Bis Frank kaputt war: "Schließlich ging nichts mehr bei mir, ich hatte zu viel Mist gebaut." Über seine Exzesse kann der Alkoholiker Frank heute offen sprechen. Denn er hat sich wieder im Griff: "Seit 16 Jahren lebe ich immer nur für jeden einzelnen Tag, um ihn ohne Alkohol zu überstehen."

"Alkoholiker können sich sogar selbst belügen."

Frank ist 46 Jahre alt, groß, schlank, helle Augen, lustiges Spitzbärtchen. Er lebt mit seiner Frau und den drei Kindern in Nettetal, arbeitet als Krankenpfleger in einer Nachbarstadt. Und macht keinen Hehl aus seinem Problem: "Nur wer Bescheid weiß, dass ich alkoholkrank bin, kann mir helfen." Wie die Arbeitskollegen: "Die passen auf mich auf, das gibt mir Sicherheit, nichts zu riskieren."

Früher riskierte Frank alles, seine Gesundheit, das Glück der Familie, das Leben der Mitmenschen: "Ich bin nachts besoffen Auto gefahren, habe mir ein Auge zugehalten, um nicht doppelt zu sehen, irgendwo hin, wo’s was zu trinken gab, mir war alles egal." Zusammenbrüche, Entgiftungen in der Klinik - und wieder im Dreck gelandet. Selbst im Suff spürte Frank, das konnte nicht mehr gut gehen.

"Ich bin dann mal volltrunken zu einem Meeting der Anonymen Alkoholiker gegangen." Da hörte er sie erzählen: Konny, die sich aus Scham vor den Kindern mit ihrer Flasche hinter der Waschmaschine versteckte. Paul, der weinte, weil er rückfällig wurde. Erika, die im Rausch die Beerdigung ihres Freundes verpasste. Und dann hörte er sich selbst reden, der Alkoholiker Frank.

"Ich habe schon als Kind getrunken, mich nach Familienfeiern heimlich über die Reste in Gläsern und Flaschen hergemacht." Dieser erste Kick, das Rauschhafte, das vermeintlich gestärkte Selbstbewusstsein trieben ihn in die Sucht. Was zunächst keiner bemerkte: "Alkoholiker sind die besten Schauspieler, können sich sogar selbst belügen." Nach durchzechter Nacht spülte er "den schalen Geschmack im Mund gleich mit Bier weg".

Selbsthilfe Die Anonymen Alkoholiker, kurz AA, verstehen sich als Selbsthilfegruppe zur Überwindung der Alkoholsucht. Im deutschsprachigen Raum gibt es 2500 Gruppen, die sich regelmäßig bei so genannten Meetings treffen.

Hinsbeck Die AA-Gruppe Hinsbeck feierte ihr 20-jähriges Bestehen mit einem offenen Meeting mit rund 25 Teilnehmern im Gemeindehaus, Parkstraße 22. An den Meetings jeden Montag ab 18 Uhr nehmen durchschnittlich zehn Männer und Frauen teil. Einige von ihnen besuchen zusätzlich andere Gruppen, so in Lobberich oder Süchteln.

Vornamen Die Teilnahme an den Meetings geschieht ohne Verpflichtungen oder feste Mitgliedschaft. Vorausgesetzt wird die Bereitschaft, vom Alkoholismus loszukommen. In der Gruppe und gegenüber der Öffentlichkeit nennen sich die AA nur mit Vornamen, um ihre Anonymität zu wahren.

Kontakt Infos auch über die Ortsgruppen: Tel. 089/316 9500, E-Mail: [email protected]

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