Kreis plant Fonds für Verhütungsmittel

Bedürftigen Frauen wie etwa BaföG- oder Hartz-IV-Bezieherinnen soll der Zugang zu Verhütungsmitteln erleichtert werden.

Kreis plant Fonds für Verhütungsmittel
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Kreis Viersen. Der Kreis Viersen soll einen Fonds einrichten, aus dem künftig in Notfällen Verhütungsmittel bezahlt werden können. Das empfiehlt die Kreis-Sozialdezernentin Katarina Esser. Über ihren Vorschlag werden heute Abend die Politiker im Sozialausschuss (18 Uhr, „Forum“, Rathausmarkt in Viersen) beraten. Geplante Höhe des Fonds: 25 000 Euro jährlich.

„Die Beratungsstellen sind an den Kreis Viersen herangetreten und haben auf den Umstand hingewiesen, dass die Verhinderung von ungewollten Schwangerschaften häufiger auch an der Finanzierung von Verhütungsmitteln scheitert“, erklärt Landrat Andreas Coenen (CDU) in der Beratungsvorlage. „Die Krankenkassen übernehmen bei Frauen, die 20 Jahre und älter sind, die Aufwendungen für Verhütungsmittel nicht.“ Für Frauen in den sozialen Leistungssystemen werden diese Aufwendungen pauschal mit der Gewährung des Regelsatzes abgegolten. Im Klartext: Es gibt nicht mehr Hartz-IV-Geld, wenn die Frau verhütet, weil bereits monatliche Gesundheitskosten von knapp 14 Euro in die Höhe von Hartz IV eingerechnet sind.

Die Beratungsstellen hätten in Gesprächen mit dem Kreis deutlich gemacht, dass die Möglichkeit zur Finanzierung von Verhütungsmitteln den dortigen Beratungsvorgang deutlich unterstützen und fördern würde. Dass der Kreis generell die Kosten für die Verhütungsmittel übernimmt, sei nicht möglich, betonte Coenen. Gleichwohl gebe es in der Beratungspraxis oftmals Fälle, bei denen eine besondere psychosoziale Notlage vorliegt, die es ausnahmsweise sinnvoll erscheinen lasse, die Aufwendungen für die Verhütungsmittel zu übernehmen. „Solche Notlagen können zum Beispiel innerfamiliäre Konflikte, interkulturelle Konflikte in der Partnerschaft, mehrere Kinder, Überforderung, Verschuldung, gesundheitliche Gefährdung, häusliche oder sexualisierte Gewalt, Schwangerschaftsabbrüche oder Fehlgeburten sein.“ Solch eine psychosoziale Notlage müsse die Voraussetzung dafür sein, dass der Fonds die Verhütungsmittel bezahle.

Aus Sicht der Kreisverwaltung müssen die Frauen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um gratis aus dem Fonds finanzierte Verhütungsmittel zu bekommen: Sie müssen im Kreis Viersen gemeldet sein und ein geringes Einkommen haben oder Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (Arbeitslosengeld oder Hartz IV) beziehen. Auch Studentinnen und Schülerinnen, die BAföG oder BAB beziehen, sollen die Gratis-Verhütung beantragen können, ebenso Frauen, die sich in einer Berufsausbildung befinden oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Und: Eine Beratung bei den Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen der Diakonie oder „donum vitae“ ist zwingend erforderlich. „Ob ausnahmsweise Gründe für die Übernahme der Kosten zur Beschaffung von Verhütungsmitteln vorliegen, kann nicht nach einem pauschalisierten Raster bewertet werden, sondern ist vielmehr das Ergebnis eines intensiven Beratungsvorganges.“

„Studien zeigen, dass Frauen ihr Verhütungsverhalten ändern, wenn das Geld knapp ist“, berichtet Alexandra Ommert vom „pro familia“-Bundesverband. „Bei der Entscheidung für eine Verhütungsmethode sollten jedoch nicht die Kosten, sondern Verträglichkeit und Sicherheit die entscheidenden Kriterien sein.“

Und so könnte das Projekt im Kreis Viersen in der Praxis laufen: Die 25 000 Euro im Jahr werden auf die Beratungsstellen der Diakonie und donum vitae aufgeteilt. Die Klientinnen des SkF, bei denen eine entsprechende Notlage vorliegt, werden an die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen vermittelt. In einem Beratungsgespräch mit den Frauen wird die Anspruchsvoraussetzung geklärt und ein Antrag an den Fonds gestellt. Der Fonds wird von den Beratungsstellen selbst verwaltet. Mit einer Schweigepflichtentbindung erfolgt ein Datenabgleich mit der anderen Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle, um Doppelanträge zu vermeiden. Die Kosten für Verhütungsmittel werden dann entsprechend der vom Arzt verordneten Methode nach Vorlage einer Rechnung überwiesen.

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