Kempen Vom Gebraucht- zum Rennwagen

Patrick Prill aus Kempen fuhr auf dem Nürburgring am Steuer eines Autos, das Studenten über Jahre entwickelt haben.

Kempen. Als beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring zahlreiche Rennfahrer an den Start gingen, um ihre Fahrkünste und gleichzeitig auch ihr Durchhaltevermögen unter Beweis zu stellen, saß auch ein Kempener am Steuer. Patrick Prill war bei diesem traditionsreichen Rennen mit einem außergewöhnlichen Projekt dabei. Sein Auto ist nicht für viel Geld gekauft, sondern von Studenten in jahrelanger Entwicklungsarbeit zusammengebaut worden.

Hinter der Idee steht Patrick Prills Arbeitgeber, das Unternehmen RLE International, das Entwicklungen für die Automobilindustrie unternimmt und mit namhaften Automobilherstellern zusammenarbeitet — unter anderem auch mit Ford in Köln.

Der 38-jährige Kempener betreut neben seinem eigentlichen Job in der Automobil-Entwicklung die Studenten im Projekt RLE RaceCar. Sechs Studenten, die unter anderem Fahrzeugtechnik, Maschinenbau oder auch Physik studieren, arbeiten eng zusammen, versuchen, das Auto zu optimieren und schreiben in diesem Umfeld dann ihre Bachelor- oder Masterarbeiten.

Das Ziel, was sie dabei immer vor Augen haben, ist die Teilnahme am „ADAC Zurich 24h-Rennen“ auf dem Nürburgring. Das Budget ist klein, die Motivation aber umso größer. „Sie können alles ausprobieren. Wir bekommen dabei auch immer viel Unterstützung aus der Industrie, die sich davon auch neue Erkenntnisse verspricht“, erklärt Prill.

Die Grundlage war die Rohkarosse eines Ford Focus ST und ein kompletter Gebrauchtwagen gleichen Typs. Auf dieser Basis wurde dann mit kreativen Ideen ein Rennwagen zusammengebaut. Neben dem fachlichen Wissen, das die jungen Ingenieure dabei sammeln, ist das Entwickeln von eigenen Ideen und das Arbeiten im Team eine wichtige Komponente des Projektes. „Wir sind immer noch auf der Suche nach Studenten, die mitmachen wollen. Auch fachfremde Studiengänge würden wir nicht ausschließen, wie dem Marketing zum Beispiel.“

Zum dritten Mal ist in diesem Jahr das RLE RaceCar an den Start gegangen. Patrick Prill war einer von insgesamt vier Fahrern, die sich immer nach neun Runden abwechseln. Das Rennen war für die Fahrer eine große Belastung. Vor allem die große Geschwindigkeit in den Kurven. „Das merkt man schon deutlich im Nacken“, erklärt Prill.

Über seinen Vater, der als Fahrer und Teamchef aktiv war, kam Patrick Prill früh zum Rennsport. Nach dem Kartfahren stieg er in den Tourenwagen um. „Aber der Sport ist sehr teuer. Ich habe mich entschlossen, mich eher auf meine berufliche Laufbahn zu konzentrieren“, sagt der Kempener. Ganz ungezwungen ist er vor acht, neun Jahren wieder eingestiegen und hat sich seither wieder gut etabliert.

Mit dem Studentenprojekt seien sie zunächst schon etwas belächelt worden, sagt Prill. „Aber mittlerweile nicht mehr. Wir haben uns aus dem Nichts hochgekämpft.“ Zwar war das diesjährige Rennen, das von schlechtem Wetter und damit verbundenen Rennunterbrechungen geprägt war, für das Team nicht so erfolgreich. Nach insgesamt 23 Stunden und 45 Minuten blieb das Auto mit einem technischen Defekt liegen.

Aber für die Auto-Experten ist es wie bei der Sicht von Sepp Herberger auf den Fußball: Nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Und so wird das Auto schon wieder überarbeitet und verbessert für das 24-Stunden-Rennen 2017 auf dem Nürburgring.

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