So oder so ist das Leben

Ein Chanson-Abend mit Tim Fischer in der Paterskirche.

So oder so ist das Leben
Foto: Friedhelm Reimann

Kempen. Tim Fischer zieht und so ist sein Konzert in der Paterskirche am vergangenen Freitag schon seit Wochen ausverkauft. Der Flötistin Anette Maiburg — u. a. künstlerische Leiterin des Niederrhein Musikfestivals — war es gelungen, den vielseitigen Chansonnier für ein Programm mit moderner und konventionelle Grenzen überschreitender Kammermusik zu gewinnen.

„So oder so ist das Leben“ lautete das Motto des Abends. Als Kammermusiker bereicherten das Galatea Quartett mit Yaka Tsuboi und Sarah Kilchenmann (Violinen), Hugo Bollschweiler (Viola) und Julien Kilchenmann (Violoncello) sowie der vielseitige Stefan Malzew Vibraphon, Klarinette, Saxophon und Arrangeur, den Chanson-Abend.

Die Ouvertüre des Konzert erfolgt zunächst rein instrumental mit zwei Tangos für Streichquartett von Horacio Salgan und Osvaldo Fresedo. Ein Tango mit Vogelgezwitscher in der ersten Geige und „Urwald-Gewusel“ in den anderen Instrumenten, der zweite voller Gefühl und Leidenschaft — so wird das Publikum auf den Auftritt des Sängers eingestimmt. Fischer beginnt in der Begleitung aller Instrumentalisten mit einem besinnlichen „Wo sind die Clowns“. Die Chansons des ersten Blocks hat Malzew neu für dieses Kammermusikensemble arrangiert.

Bei der Aufforderung „Nur nicht aus Liebe weinen“ wird der Nachteil für das Publikum im Chorraum offensichtlich: Ein Textverständnis ist hier kaum mehr möglich, wenn die Instrumente ins Forte gehen dürfen. Uneingeschränkten Musikgenuss erlauben dagegen die Instrumentalwerke, wie die Fünf Jazzetüden für Flöte und Streichquartett von Erwin Schulhoff (1894-1942).

Mit Ian Clarkes (*1964) „The great train race“ für Flöte solo liefert Maiburg ein virtuoses wie mitreißendes Hörspiel rund um ein Eisenbahnrennen. Voller Gefühl interpretiert Fischer im Kontrastprogramm dann von Jacques Brel „Voir un ami pleurer“ (einen Freund weinen sehen) in der deutschen Übersetzung „Ich weiß“. Die Emotionen sind eindrucksvoll und nachvollziehbar, was es mit der „Spötterdämmerung“ auf sich hat, kann man von der instrumentalen Begleitung und Satzfragmenten erahnen. Welch ein Verlust wieder, dass die Worte nicht nach hinten gelangen!

So oder so ist das Leben - so oder so war das Konzert. Für das Publikum im Chor war es höchstens ein halber Genuss. Man hätte nicht nur die ersten beiden Stuhlreihen aus dem Chorraum entfernen, sondern die gesamten Sitzplätze im Schatten des Sängers nicht verkaufen sollen. Gegen die Physik hat auch ein exzellenter Chansonnier keine Chance.

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