Sexuelle Übergriffe: Aufklärung in den Grundschulen

Auf der Bühne wird den Kindern gezeigt, wie sie sich gegen Missbrauch schützen können.

Kempen. Wenn im Bus ein Fremder zu nah rückt, kann ein lautes Nein weiterhelfen. Aber was tut ein Kind, wenn der neue Nachbar in sein Haus einlädt? Oder der Bruder es anfasst und die Eltern das nicht glauben?

Das Theaterprojekt „Mein Körper gehört mir“ der Theaterpädagogischen Werkstatt in Osnabrück bringt Fragen zu sexuellem Missbrauch auf die Bühne und ab der kommenden Woche auch in 15 Kempener Grundschulklassen. Am Montagabend machten sich etwa 100 Eltern ein Bild davon. Die Theaterpädagogen Simone Uepping und Stephan Tillmanns zeigten das Stück in der Aula des Thomaeums.

Die Kinder sollen damit stark gemacht werden gegen sexuellen Missbrauch. Langsam geht das Stück los mit den Fragen, was gefällt mir und was nicht? In kleinen Szenen machen die Pädagogen den Unterschied zwischen einem „Ja-Gefühl“ und einem „Nein-Gefühl“ deutlich. Uepping und Tillmanns reden offen und locker, sind lustig und machen Witze. In den Szenen mit Monologen, Dialogen und Liedern werden die heiklen Themen angesprochen.

Simone Uepping und Stephan Tillmanns spielen, dass sich ein Mädchen im Internet-Chatroom mit einem fremden Jungen verabredet. Sie trifft sich mit ihm im Park, aber er ist nicht so alt wie sie, sondern ein Erwachsener. Stopp. Hier könnte etwas passieren. „Wenn das Mädchen nun sexuell missbraucht wird, wer ist dann schuld?“, fragt Stephan Tillmanns. „Der Mann“, sagt das Publikum selbstverständlich. „Und was würden Ihre Kinder sagen?“ Viele Kinder antworten tatsächlich: das Mädchen.

„Es ist wichtig, dass die Kinder den Unterschied kennen: Das Mädchen hat zwar einen Fehler gemacht, weil es sich mit dem Fremden getroffen hat. Aber schuld ist der Erwachsene. An einem Missbrauch ist immer der Täter schuld“, sagt Tillmanns.

Was hätte das Mädchen tun können? Das Stück gibt den Kindern Lösungsvorschläge. Das Mädchen hätte sich drei Fragen stellen können: Hab ich ein gutes Gefühl? Weiß jemand, wo ich gerade bin? Bekomme ich Hilfe, wenn ich sie brauche? Ist nur eine Antwort „Nein“, sollte das Kind diese Situation meiden.

Nach dem Stück sind viele Eltern begeistert. „Ich finde es klasse, dass die Kinder diese drei Fragen lernen. Das ist sehr anschaulich“, sagt Christiane Segbers. Monika Leifeld findet, dass das Thema kindgerecht umgesetzt wird: „Es ist ein Glücksfall, dass wir das in Kempen haben.“

„Die Kinder lernen Nein zu sagen und erfahren auch die richtigen Ansprechpartner“, sagt Vater Jörg Ewert.

Das Theaterstück soll ein Anstoß sein. „Sie müssen das Thema nun nicht gleich zu Hause ansprechen“, sagt Simone Uepping. „Aber seien Sie gesprächsbereit, wenn es soweit ist.“

Finanziert werden die Aufführungen mit 3500 Euro durch den Kinderschutzbund.

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