Rübo im Sommerinterview: „Kempen wird nicht zur Megacity“

Im Interview mit der WZ spricht Bürgermeister Rübo über Baugebiete, eine Neuaufstellung im Rathaus — und über Verwaltungsgebäude,die teurer werden.

Rübo im Sommerinterview: „Kempen wird nicht zur Megacity“
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Sommerzeit ist Ferienzeit - auch im Kempener Rathaus ist es auf den ersten Blick ruhiger als sonst im Jahr. Mit Blick auf viele große Aufgaben, die die Verwaltung vor der Brust hat, kann man aber nicht wirklich von einer Sommerpause reden. Mittendrin Verwaltungschef Volker Rübo. Im Interview mit der WZ spricht der Bürgermeister über zahlreiche wegweisende Projekte für Kempen.

Herr Rübo, die Schulferien neigen sich schon wieder dem Ende entgegen. Wie waren die Ferien bis jetzt im Rathaus?

Volker Rübo: Also, eine Sommerzeit in der Verwaltung — das gibt es nicht mehr. Sicher sind einige Kollegen im verdienten Urlaub. Diejenigen, die im Dienst sind, haben aber viele wichtige Aufgaben. Wie überhaupt in der Gesellschaft, steht das Leben nicht still. Das Telefon klingelt zwar ein bisschen weniger als außerhalb der Ferien. Ansonsten ist aber intensives Arbeiten angesagt. Und wir steigen in viele Themen vertiefter ein.

Da sind wir schon bei den Sachthemen. Vor der Kempener Verwaltung stehen große Projekte. Angefangen mit einer Umstrukturierung im eigenen Haus. Die Beratungsfirma Allevo hat ihnen einige Empfehlungen hinterlassen. Wie ist der Stand bei diesem Thema?

Rübo: Es sind exakt 147 Handlungsempfehlungen. Diese sind bereits an die jeweiligen Fachämter verteilt worden. Nun gilt es zu prüfen, was wir umsetzen wollen, müssen beziehungsweise können. Und wann die jeweiligen Änderungen eintreten sollen. Parallel bearbeiten wir das Thema personelle Ausstattung. Im Allevo-Bericht gibt es einen Überhang von zwölf Stellen. Auch dazu können die einzelnen Ämter jetzt Position beziehen.

Das wird aber sicher nicht heißen, dass in der Verwaltung Stellen abgebaut werden, oder?

Rübo: Davon gehe ich nicht aus. Es gibt Bereiche, in denen ein Überhang festgestellt wurde. Gleichzeitig haben wir Ämter, die möglicherweise verstärkt besetzt werden müssen. Und ein großes Problem ist unser Krankenstand mit teils langfristigen Erkrankungen. Diese Thematik relativiert den festgestellten Überhang wieder. Letztlich müssen wir sehen, welche Stellen möglicherweise verschoben werden können beziehungsweise sollen. Wir stehen in dem Projekt aber erst am Anfang. Wir werden nach den Sommerferien erste Gespräche mit dem politischen Lenkungskreis haben. Im Oktober werden wir im Haupt- und Finanzausschuss einen ersten Zwischenstand vorstellen.

Wie nehmen Sie die Stimmung der Mitarbeiter in diesem nicht immer einfachen Projekt wahr?

Rübo: Ich stelle nicht fest, dass die Analyse als Bedrohung wahrgenommen wird. Und es ist auch keine. Die Mitarbeiter haben in der Untersuchungsphase ausgezeichnet mitgearbeitet. Schließlich basieren all’ diese Handlungsempfehlungen auf Gesprächen zwischen Allevo und den zuständigen Kollegen im Haus.

Eine zentrale These von Allevo ist, dass die Stadt ein zentrales Gebäudemanagement braucht. Wie stehen Sie dazu?

Rübo: Damit das Hochbauamt leistungsfähiger wird, ist es unstrittig, dass wir in vielen Dingen langfristige Lösungen brauchen. Wir bewirtschaften 120 Gebäude, die zum Teil noch in sogenannter Erstausstattung sind. Viele technische Einrichtungen sind abgängig und müssen erneuert werden. Die laufende Unterhaltung reicht nicht mehr. Das Rathaus ist nur ein Beispiel. Wir müssen jetzt in eine Phase der Grundsanierungen eintreten. Zusammen mit dem Team des Hochbauamtes gilt es, das Amt personell und organisatorisch so aufzustellen, dass es den großen Aufgaben, die vor uns liegen, gerecht werden kann. Für diesen Veränderungsprozess hin zu einem zentralen Gebäudemanagement brauchen wir externen Rat. Dafür gibt es ja auch schon in der Politik große Akzeptanz.

Bei den Schulgebäuden plant die Stadt den großen Wurf. Wie sieht es da aus?

Rübo: Ich denke, dass das Projekt Schulcampus richtungsweisend ist. Wir — und vor allem die Politik — müssen uns dessen bewusst sein, dass für die Neuausrichtung der Schulgebäude ein hoher Geldbetrag erforderlich ist. In diesen Fragen müssen wir schonungslos Prioritäten setzen und Handlungsstränge aufzeigen. Ich hoffe, dass wir noch in diesem Jahr die Grundlagenplanung zusammen mit den Schulen abschließen können, um dann mit der Umsetzung starten zu können.

Mit Blick auf den Bereich, in dem das Hochbauamt angesiedelt ist, steht in Kürze ein wichtiger Personalwechsel an. Der Technische Beigeordnete Stephan Kahl geht in den Ruhestand. Zum 1. Mai ist die Stelle ausgeschrieben. Haben Sie schon Bewerbungen bekommen?

Rübo: Ja, es sind schon einige Bewerbungen eingegangen.

Und was muss der neue Mann oder die neue Frau können?

Rübo: Wir haben die Stellenausschreibung bewusst weit und offen gefasst. Neben der fachlichen und technischen Kompetenz gehört zum Beispiel eine große Moderationsfähigkeit dazu. Nicht zuletzt, weil häufig in Planungsvorhaben unterschiedliche Interessen aufeinander treffen. Wir müssen mit den Bürgern in den Dialog treten. Wenn ich an laufende Projekte denke — zum Beispiel die Sanierung der St.Huberter Bahnstraße oder die Planungen für den Kempener Westen — hat Stephan Kahl die richtige, offene Projektstruktur gefunden.

Sie sprachen den Kempener Westen an. Wie erleben Sie die Dialoge und Workshops mit interessierten Bürgern?

Rübo: Ich hatte den Eindruck, dass alle Bürger, die an der Planungswerkstatt teilgenommen haben, Freude hatten, ein neues Stadtviertel und damit die Zukunft Kempens zu planen.

Bei aller Offenheit des Prozesses gibt es Pflichten in diesem Baugebiet — zum Beispiel eine neue Kindertagesstätte?

Rübo: Zunächst ist mir wichtig, dass wir das Gebiet nicht planen, um Kempen zur Megacity zu machen. Wir haben einen Bedarf an Wohnraum für Familien. Ich möchte, dass die Mütter und Väter, die hier am Rathaus im großen Sandkasten mit ihren Kindern spielen, auch in Kempen bleiben können. Mit Rücksicht auf die gesamtstädtische Entwicklung und auf die Landwirtschaft arbeiten wir im Westen an maßgerechten Lösungen. Es dürfte aber klar sein, dass wir zusätzliche Kindergartenplätze und somit wohl auch eine weitere Kindertagesstätte brauchen. Der Betreuungsbedarf hat sich in den letzten drei bis vier Jahren noch einmal erheblich verändert. Darauf müssen alle Kommunen reagieren. Und vor allem brauchen wir die Unterstützung von Land und Bund.

Wie meinen Sie das?

Rübo: Bund und Land versprechen zwar finanzielle Unterstützung für den Bau neuer Einrichtungen, einen großen Teil der Betriebskosten müssen allerdings die Jugendämter tragen. Aber das Geld ist es nicht allein, warum wir an unsere Grenzen stoßen. Es fällt zunehmend schwerer, Erzieherinnen und Erzieher zu finden. Wie in vielen sozialen Berufen fehlen heute die Menschen. Daher sollte sich die Familienpolitik von Bund und Land nicht im Versprechen weiterer Betreuungsmöglichkeiten erschöpfen, sondern zusammen mit der Wirtschaft den Eltern ermöglichen, mehr Zeit für ihre Kinder zu haben.

Wechseln wir zum Thema Neubauten für die Verwaltung zwischen Bahnhof und Finanzamt. Dort soll die Firma Hout drei Gebäude für die Stadt errichten. Wie ist da der Stand der Dinge?

Rübo: Es wurde und wird äußerst intensiv an diesem Projekt gearbeitet. Eine Arbeitsgruppe aus unserem Haus steht im ständigen Kontakt mit Hout Consens und dem Architekten. Ich glaube, es hat alleine zwölf oder 13 gemeinsame Arbeitssitzungen gegeben. Dabei haben wir festgestellt, dass die ursprünglichen Entwürfe für die Bürogebäude an die Anforderungen einer Verwaltung angepasst werden müssen. Zum Beispiel wollen wir im Erdgeschoss des mittleren Gebäudes einen geeigneten Empfangsbereich schaffen. In den Gesprächen haben wir, aber auch der Architekt, gute Vorschläge entwickelt. Diese Ideen werden wir im Oktober im Haupt- und Finanzausschuss vorstellen.

Anpassungen — das klingt auch nach Anpassungen bei den Kosten. Wird das Projekt teurer als die veranschlagten 8,25 Millionen Euro?

Rübo: Es ist davon auszugehen, dass die Kosten nach oben gehen. Zu konkreten Zahlen kann ich aber noch nichts sagen — dafür ist es zu früh. In jedem Fall wird es eine vollständige Kostentransparenz geben. Ich bleibe dabei, dass wir das Neubau-Projekt in Kempen nur an dieser Stelle umsetzen können. Es gibt keine alternativen Grundstücke in Altstadtnähe. Und wir brauchen den Neubau möglichst schnell, um die bestehenden Gebäude leerzuziehen und zu sanieren — allen voran das Rathaus.

Auch in der Burg soll ein Teil der Verwaltung möglicherweise eine neue Heimat bekommen. Im Gespräch ist das Standesamt, Platz für Gastronomie und die VHS des Kreises Viersen als Ankermieter. Gibt es schon eine Tendenz? Wird die Stadt das Denkmal vom Kreis übernehmen, wenn das Archiv 2020 ausgezogen ist?

Rübo: Die Berater der Firma Assmann sind dabei, ein Gutachten zu erstellen. In welchem Zustand ist die Burg? Was muss alles saniert werden, um die beschriebenen Ideen umsetzen zu können? Und vor allem: Was wird das alles kosten? Diese Fragen müssen geklärt werden. Der Kreis Viersen möchte in diesem Jahr ein Signal von uns haben. Ich gehe davon aus, dass wir im Herbst in den politischen Gremien diskutieren werden. Und dann müssen wir die sachliche Entscheidung treffen, ob sich die Stadt Kempen den Kauf, den Umbau und die Unterhaltung unserer schönen Burg leisten kann.

Das waren jetzt schon eine ganze Menge große Aufgaben für die Verwaltung. Haben Sie noch weitere größere Projekte für Kempen, die Sie gerne angehen würden?

Rübo: Mit all’ dem, was wir jetzt angesprochen haben, ist die Verwaltung, sind aber auch die Bürger in Kempen gut ausgelastet. Und das war ja auch nur ein Teil. Neben dem Kempener Westen geht es zunächst auch um die Baugebiete in St.Hubert und Tönisberg. Und es steht auch noch die Entwicklung unserer Sportstätten an. Wenn wir uns um diese vielen wegweisenden Dinge kümmern und sie nach vorne bringen, haben wir für Kempen eine ganze Menge erreicht.

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