Kempen Rathaus-Pläne: „Ich finde es optisch schade“

Die Kempener Verwaltung darf nach dem Ratsentscheid drei neue Gebäude auf dem Arnoldgelände kaufen. Was halten die Bürger davon? Die WZ hat sich am Freitag auf dem Buttermarkt umgehört.

Kempen: Rathaus-Pläne: „Ich finde es optisch schade“
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Der Stadtrat hat grünes Licht für den Rathaus-Kauf gegeben: Die Kempener Verwaltung darf demnach drei neue Gebäude auf dem Arnoldgelände kaufen. An der Eile, mit der sich die Politik entscheiden musste, gab es Kritik. Und auch, dass die Stadt auf viele Fragen bezüglich der Neubauten keinen Einfluss mehr hat, sehen einige kritisch, zum Beispiel die Grünen.

Die WZ hat diese weitreichende Entscheidung zum Anlass für ihre Redaktion vor Ort genommen. Auf dem Buttermarkt wollten wir gestern Vormittag von den Bürgern wissen: Was halten Sie von dem Projekt? Gefällt Ihnen der Entwurf? Halten Sie drei Gebäude für sinnvoll? Ist die Lage gut? Was sehen Sie dieses Projekt grundsätzlich?

Kempen: Rathaus-Pläne: „Ich finde es optisch schade“
Foto: Feuerwehr

Auch via E-Mail konnten die Leser ihre Meinung äußern. Diese Möglichkeit hat Alois Fruhen genutzt. Er schreibt unter anderem: „Als Nettetaler Bürger sehe ich hier starke Parallelen zur Situation in unserer Stadt.“ Mit Verwunderung habe er gelesen, dass der Platz für einen Arbeitsplatz in der Verwaltung im neuen Kempener Rathaus von 8,8 Quadratmeter auf zirka 16 Quadratmeter erhöht werden solle. „Wird diese Entscheidung vielleicht im Vorgriff auf einen erhöhten Personalbedarf der Stadt in den nächsten Jahrzehnten getroffen?“ Im Vergleich zur Größe deutscher Kinderzimmer müsse man diese Planung als sehr „komfortabel“ bezeichnen. Für ihn entstehe eine „gewisse Unzufriedenheit über den Umgang mit öffentlichen, vom Bürger erwirtschafteten Mitteln“. Er hoffe, schließt Alois Fruhen, dass durch seine Meinungsäußerung „die Sensibilität der Verwaltungs- und Planungsverantwortlichen“ für den „sinnvollen Umgang“ mit diesen Mitteln erhöht werde.

Kritische Töne kommen auch von dem bekannten St. Huberter Joachim Lasch: Warum müssten Verwaltungen zu Zeiten von Internet und Telefonie „in Zentrumsnähe und zentralisiert untergebracht werden“? Und: „Müssen Verwaltungsmitarbeiter, außer zum Kaffeetrinken, unbedingt dieselbe Luft atmen? Wozu?“ Wenn der Bürger zum Jugendamt wolle, so werde er dorthin fahren. Er werde am selben Tag sicherlich nicht auch zum Bauamt oder zum Friedhofsamt fahren wollen. „In früheren Reden“, so Lasch, „hat der Bürgermeister die Demut des Thomas a Kempis zum Leitsatz erhoben. Was er nun vorhat, grenzt an Übermut, oder?“

Nach allem, was er bisher an Plänen gesehen habe, fürchtet Rainer Clute-Simon, dass das „einzigartige Ensemble Arnoldhaus“ von der neuen Bebauung verdeckt werde. „Die Verdichtung nimmt immer mehr zu, die Großzügigkeit verschwindet“, so der Kempener auf dem Buttermarkt. Er finde es „optisch schade“. Er betont zwar, dass irgendwas mit dem bisherigen, in die Jahre gekommenen Rathaus passieren müsse. Doch er bedauert, dass die Stadt gewisse Chancen nicht nutze. „Sie hätte ein Zeichen für nachhaltiges Bauen setzen können.“ Als Beispiele nennt er Holz als wesentliches Baumaterial sowie Dachbegrünungen.

Guido de Nardo nutzt die Gelegenheit, um sich für ein größeres Standesamt auszusprechen. „Das ist für große Gruppen zu klein“, sagt er über den Standort Neustraße. Dafür wäre die Burg eine gute Alternative. „Da könnte ich dann direkt schöne Aufnahmen machen“, so der Inhaber des Kempener Fotostudios „b14“ am Buttermarkt.

Wilhelm und Margrit Rathmann sind aus St. Hubert auf den Markt gekommen. „Uns ist es daher egal, ob wir später für Behördenangelegenheiten zum Buttermarkt oder zum Arnoldgelände fahren müssen“, sagt Wilhelm Rathmann. „Und wir haben bei uns ja auch eine Verwaltungsstelle“, ergänzt seine Frau.

Rita Büskens fände es schlimm, wenn am Buttermarkt in Sachen Verwaltung „überhaupt nichts mehr wäre“. Das Rathaus gehört für sie dazu „wie die Eisdiele“. An dieser Stelle sollten die Bürger auch weiterhin ihre Sorgen und Nöte loswerden können.

Das soll nach Angaben der Verwaltung auch so bleiben: Nach einer Sanierung wird das Rathaus am Buttermarkt weiterhin Haupt- und Anlaufstelle sein.

Ehemann Klaus Büskens sagt: „Das schöne Arnoldhaus wird so komplett verstellt.“ Man habe sich mit der Restaurierung der alten Fabrikhalle so viel Mühe gegeben und nun würde der Blick darauf genommen. Büskens lobt aber mit Blick auf die gesamte Stadt Kempen, dass diese sehr gut gestaltet werde.

Auch Sigrid Oehlschläger äußert ihre Meinung an der Redaktion vor Ort. Siegibt zu bedenken, dass man wieder eine zentrale Anlaufstelle aus der Altstadt herausziehe. „Vor Jahren sind viele Ältere in die Stadt gezogen, weil sie hier Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten und so weiter auf kurzen Wegen erreichen konnten“, sagt sie. Nun würde immer mehr wegziehen. Viele Ärzte sind schon außerhalb der Altstadt jenseits der Bahnschienen anzutreffen — nun sollen auch Teile der Verwaltung dort angesiedelt werden. Sigrid Oehlschläger ist es wichtig, dass Ämter mit Publikumsverkehr und auch der Bürgerservice der Stadt in der Altstadt erhalten bleiben sollen. „Der Mittelpunkt sollte hier bleiben“, sagt sie mit Blick auf das Rathaus am Buttermarkt, „damit man es zu Fuß auch gut erreichen kann“.

Eine andere Kempenerin hat Verständnis für die Kritik einiger Fraktionen, die den Zeitdruck bei der Entscheidung bemängelt hatten. „Dass das so Hals über Kopf entschieden wurde, das hat mich schon gestört“, sagt sie . „Der Standort ist noch zentral genug und ich finde gut, wenn alles an einer Stelle ist“, lobt Irmgard Nowakowski mit Blick die Pläne zu den Rathaus-Neubauten. Ihr würde es auch sehr gefallen, wenn das Standesamt in der Burg untergebracht würde. Auch die Idee eines Restaurants in dem alten Denkmal findet sie gut. Eine weitere Passantin könnte sich vorstellen, dass möglicherweise entstehende Freiraum im Rathaus für weitere Geschäfte und gastronomie am Buttermarkt genutzt werden könnte.

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