Kreis Viersen Orkan Kyrill ist unvergessen

Die Helfer im Kreis Viersen waren am 18. Januar 2007 im Dauereinsatz. Die Tönisvorster Wehr verlor einen Kameraden.

Kreis Viersen: Orkan Kyrill ist unvergessen
Foto: WZ-Archiv

Tönisvorst/Kempen. 2012, fünf Jahre, nachdem der Orkan Kyrill über Westeuropa gefegt war, zog der Deutsche Wetterdienst (DWD) noch einmal Bilanz: Am 18. Januar 2007 hatte das Windfeld eines der bis dahin „schwersten Orkane“ ganz Deutschland erfasst. „Mindestens 13 Menschen verloren ihr Leben“, so der DWD. Unter den Opfern war der Feuerwehrmann Thomas Grumbach aus Tönisvorst. Der Unterbrandmeister, 39 Jahre alt, starb bei einem Einsatz.

„Im Herbst und Winter 2006/2007 war in Europa eine Häufung von Westwetterlagen zu beobachten. In das verstärkte Westwindband waren häufiger Tiefs eingelagert. Damit wuchs die Wahrscheinlichkeit für Sturmtiefs“, so Gerhard Müller-Westermeier, Abteilung Klimaüberwachung des DWD.

Mitte Januar 2007 entwickelte sich über dem Ostatlantik das Tief Kyrill. An seiner Südseite kamen in ganz Deutschland sehr hohe Windgeschwindigkeiten auf. In vielen Regionen Deutschlands wehten orkanartige Böen der Stärke 11 (110 Stundenkilometer). Einsatzkräfte im Kreis Viersen erinnern sich an Böen von mehr als 130 km/h.

Am späten Nachmittag dieses Donnerstags erreichte der Sturm am Niederrhein seinen Höhepunkt. Die Feuerwehrleute im Kreisgebiet waren überall fieberhaft im Einsatz. Mehrere hundert Einsätze wurden ab dem Nachmittag allein in Tönisvorst gefahren. Um 18.30 Uhr schockierte die Nachricht vom tödlichen Unfall des Feuerwehrkollegen. Während seines „Kyrill“-Einsatzes war er in Laschenhütte von einem umstürzenden Baum erschlagen worden.

Kreisbrandmeister Klaus Riedel sagte später im Namen aller Feuerwehrkameraden: „Thomas Grumbachs Tod rief uns in Erinnerung, dass Feuerwehrdienst gefährlich ist und dass ein Feuerwehr-Angehöriger die Gedanken an seine eigene Gesundheit zurückstellt, wenn der Nächste seiner Hilfe bedarf.“

Die Versicherer verzeichneten nach Kyrills Abzug Milliardenschäden. Verbreitet war es zu Sturmschäden an Gebäuden gekommen. 50 Millionen Bäume waren laut Meldung des Deutschen Wetterdienstes umgekippt. Die Bahn hatte damals zum ersten Mal in Deutschlands Nachkriegsgeschichte ihren gesamten Schienenverkehr eingestellt.

Es dauerte teilweise Monate, bis die Gebäudeschäden im Kreis Viersen beseitigt waren. Eine Scheune in Kehn (Tönisvorst) war fast komplett zusammengebrochen. Das Tönisvorster Wahrzeichen, die Streuffmühle, hatte auch sichtbare Spuren nach Kyrill davongetragen. Der Orkan hatte das Kreuz verdreht, so dass die Flügel abmontiert werden mussten.

Die Solaranlage auf der Gymnastikhalle der Jahnsportanlage in St. Tönis musste repariert werden. Auch die stark zurück geschnittenen Platanen an der Viersener Straße/Corneliusstraße erinnern an den Orkan. „Insgesamt sind deshalb 1730 Arbeitsstunden angefallen“, sagte Tönisvorsts Stadtsprecherin Catharina Perchthaler in einer späteren Bilanz.

In Willich hat sich „Kyrill“ weniger ausgetobt. Die Schadensbilanz in der Nachbarstadt fiel weit weniger heftig aus als in Tönisvorst.

Die Kempener Feuerwehr war an mindestens 150 Einsatzorten. Alle Löschzüge waren im Einsatz - etwa 130 Leute mit 25 Fahrzeugen. Besonders heftig hatte es zwei Gebäude im Hagelkreuz getroffen. An einem Hochhaus an der Graf-Bernadotte-Straße gingen in der Nacht Teile des Dachs fliegen. Dasselbe passierte an einem Drei-Etagen-Haus an der Söderblomstraße. Auch Teile des Dachs des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums, Berliner Allee, hatte Kyrill gelöst.

Mehr als 100 Mal wurde die Grefrather Feuerwehr zu Einsätzen gerufen. 95 Männer und zwölf Fahrzeuge waren die ganze Nacht im Einsatz. „In Oedt drohte zwischenzeitlich die Fassade der Firma Girmes einzustürzen“, sagte damals am Tag nach dem Sturm, Jürgen Perret, Pressesprecher der Gemeinde. Passiert ist es glücklicherweise nicht.

Viele Straßen im Kreisgebiet waren am Sturmtag und danach gesperrt. In der Seenstadt Nettetal hat Orkan Kyrill 20 Prozent der Bäume im Grenzwald abgeknickt. „Wir haben die Anrufe gar nicht mehr gezählt. Es waren bestimmt über 200“, sagte Pressesprecher Dirk Heussen über den Einsatz von allen Kräften.

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