Kempener baut eigene Drehorgel

Das mechanische Instrument hat Günter Nelißen schon immer fasziniert. Über Jahre werkelt er an seinem Leierkasten.

Kempen. Viele kennen Daniel Düsentrieb, den Walt Disney zum Meistertüftler von Entenhausen gemacht hat. So einen gibt es offenbar auch in der Thomasstadt. Nicht als Comicfigur, sondern in echt. Er heißt Günter Nelißen, ist 67 Jahre alt und wohnt mit Ehefrau Ilse im Eigenheim an der Tulpenstraße. „Meist ist Opa im Keller“, sagt seine elfjährige Enkelin Jana.

Gerade hat Günter Nelißen in seiner kleinen Werkstatt im Keller damit zu tun, mittels einer alten Nähmaschine nach einem vorgegebenen Schema Löcher auf eine Papierrolle zu stanzen. In seiner Wohnstube steht dazu ein Gerät mit einer Kurbel, mit Blasebälgen, Ventilen und Pfeifen. Der 67-Jährige legt die schon fertigen Notenrollen ein. Zu hören ist unter anderem „Ich bin ein armer Wandergesell“ oder „Das macht die Berliner Luft“. Ein bisschen stolz ist der Kempener schon. Denn er hat in jahrelanger Arbeit seine erste Drehorgel gebaut.

Seine Familie kommt aus Uevekoven, einem Dorf südlich von Wegberg. „Und immer dann, wenn ich als Kind mit meinen Eltern nach Mönchengladbach zum Einkaufen fuhr, war ich hin und weg, wenn ich im Spielzeugladen ein kleines Orchester aus Stofftieren sah“, erzählt er. Nelißen machte sein Abi nach, um Maschinenbau und Geografie zu studieren und bis zu seinem Ruhestand am späteren Rhein-Maas-Berufskolleg junge Menschen zu Anlagen-Mechanikern auszubilden.

Seine Liebe zur Musik ist früh entstanden. Opa Franz Wilde schenkte ihm im Alter von etwa zehn Jahren die erste Geige. Mit 15 kaufte er sich die erste Gitarre und spielte einige Zeit im Tanz-Orchester „Rhytmic Band“. Danach gehörte er dem Spielkreis St. Josef an, der Gottesdienste mitgestaltete. Er spielte über 25 Jahre in der Big-Band der Kreismusikschule und singt nach wie vor den ersten Bass im Arnold-Chor.

Auch seine Kinder spielen Instrumente. „Und ich möchte gerne noch einmal einen Klavier-Auffrischungskurs machen“, sagt Ehefrau Ilse, mit der Nelißen seit 42 Jahren verheiratet ist. Und warum kam es zum Wunsch, eine Drehorgel zu bauen? „Weil ich immer von diesen mechanischen Instrumenten fasziniert war.“

Es hörte erst einmal aufmerksam zu, als er Museen, die Burg Linn oder Vereine besuchte, die solche Drehorgelkästen hatten. Bei einem historischen Rundgang durch Rüdesheim lernte er einen Museums-Mitarbeiter kennen, der ihm eine Bauanleitung schickte. Jahre später geht er ans Werk und kauft Multiplexplatten und die Mechanik. Dazu gehören zwei Blasebälge, die Windventile, 56 Pfeifen, zwischen 70 und 510 Millimeter groß, und vier Register für die unterschiedlichen Klangfarben. Die ersten Notenbänder kaufte er aus dem Internet.

Vor etwa zwei Jahren hatte er es fast geschafft. „Ich habe aber erst einmal Lehrgeld bezahlt, denn die Töne stimmten noch nicht so ganz“, sagt er. Also nahm er erneut Kontakt mit Orgelbauern und einem Bauernmuseum im niederländischen Melderslo auf. Vor allem schwärmt Nelißen, der mit seiner Familie seit 1979 in Kempen wohnt, von der Hilfsbereitschaft des niederländischen Vereins mit seinem Vorsitzenden Wiel Geraats. „So musste ich beispielsweise die Blasebälge etwas versetzt anbringen, da die Winkel nicht stimmten und dadurch Nebengeräusche entstanden.“

Jetzt fehlt nur noch die Feinabstimmung. Ein Zylinder ist schon gekauft. Er kann sich vorstellen, mit seiner Drehorgel bei Geburtstagsfesten, Martinsfeiern oder Stadtfesten zu spielen. Was mit dem kleinen Geld passieren könnte, das er für sein Spiel bekommt? „Früher habe ich viele Jahre die Haiti-Hilfe des Berufskollegs unterstützt, war auch bislang vier Mal in Haiti, für dieses Projekt könnte das Geld sein.“ Abschließend legt Nelißen eine andere gestanzte Papierrolle in den Kasten ein, es ertönt „Am Brunnen vor dem Tore“.

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