Kempen „Kempen spielt in der ersten Liga“

Kämmerer Jörg Geulmann ist seit knapp 100 Tagen im Amt. Im Interview mit der WZ erläutert er Herausforderungen seiner Aufgabe im Rathaus.

Kempen: „Kempen spielt in der ersten Liga“
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Seit dem 1. Februar hat die Stadt Kempen einen neuen Kämmerer: Jörg Geulmann (42), zuvor Beigeordneter und Kämmerer in Neukirchen-Vluyn, wurde Nachfolger von Hans-Josef Aengenendt. Knapp 100 Tage nach seinem Dienstantritt hat die WZ mit ihm eine erste Bilanz seiner Arbeit gezogen.

Als Sie Ihr Amt angetreten haben, erklärten Sie, dass Sie sich auf Gestaltungsmöglichkeiten freuen. Wie sieht’s aus: Ist diese Erwartung erfüllt worden?

Jörg Geulmann: Es ist sicherlich so, dass Kempen im Vergleich zu anderen Städten in der ersten Liga spielt. Die Innenstadt funktioniert gut, wirtschaftlich ist die Stadt gut aufgestellt. Trotzdem sehe ich verschiedene Herausforderungen.

Welche sind das?

Geulmann: Im Vordergrund steht die Haushaltskonsolidierung. Diese kann ich natürlich nicht allein umsetzen, sondern in Zusammenarbeit mit Verwaltung und Politik. Ziel muss es sein, einen dauerhaft ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. 2014 wurde allerdings mit einem Defizit geplant und ein Überschuss erwirtschaftet. 2015 wird ebenfalls deutlich besser als prognostiziert ausfallen: Wir werden eine schwarze Null erreichen.

In der Vergangenheit gab es oft den Vorwurf an Bürgermeister und Kämmerei, dass der Haushalt zu schlecht gerechnet wird. Das scheinen die aktuellen Zahlen ja auch zu belegen. Was können Sie in Zukunft dafür tun, dass es zu einer realistischen Einschätzung kommt?

Geulmann: Der vorsichtige Kaufmann plant so, dass es keine bösen Überraschungen gibt. Aber die Lücke zwischen Haushaltsplan und Ist-Ergebnis möchte auch ich gerne verringern. Manche Sachen sind aber auch nicht planbar.

Was meinen Sie damit?

Geulmann: Beispielsweise bei der Gewerbesteuer kann es immer zu Veränderungen kommen. Und auch die Zuschüsse seitens des Landes und Bundes sind schwer planbar. Mit diesen Problemen haben alle Städte zu kämpfen.

Welche Ziele haben Sie sich noch gesetzt?

Geulmann: Perspektivisch müssen wir dazu kommen, den Haushalt früher zu verabschieden. In den vergangenen Jahren war es so, dass der laufende Haushalt im März von der Politik verabschiedet wurde und im Mai die Genehmigung erhielt. Künftig wäre es wünschenswert, wenn er schon im September/Oktober eingebracht und im Dezember verabschiedet würde. Aber das wird noch einige Zeit brauchen.

In einer Studie, die im Auftrag der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein erstellt wurde, wird der Finanzlage Kempens ein gemischtes Zeugnis ausgestellt: Kritik gibt es vor allem an den hohen Personalausgaben. Was sagen Sie dazu?

Geulmann: Zunächst muss man sagen: Das Zahlenmaterial basiert auf geplanten Daten für 2014. Damals wurde für 2009 bis 2014 ein Minus von fünf Millionen Euro erwartet — tatsächlich gab es für diesen Zeitraum einen Überschuss von 1,4 Millionen Euro. Insofern sind unsere Zahlen deutlich besser. Außerdem werden in der Studie Äpfel mit Birnen verglichen. Es gibt in Kempen sehr personalintensive Bereiche, so zum Beispiel die komplett gebührenfinanzierte Rettungswache, die im Übrigen auch für Grefrath und Tönisvorst zuständig ist. Und dann haben wir wesentlich mehr Personal im Kita- und OGS-Bereich als andere Kommunen. Nicht zu vergessen das eigene Jugendamt und den Baubetriebshof. Mein Eindruck ist insgesamt, dass die IHK-Studie nicht in die Tiefe steigt.

Andererseits fordert die IHK aber auch, dass sich an den Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen etwas ändern müsse. Als Beleg wird angeführt, dass Kempen trotz hoher Steuereinnahmen durch die Vielzahl der Sozialleistungen der Haushaltsgleich nicht gelinge. Wie beurteilen Sie die IHK-Forderung?

Geulmann: Bund und Land übertragen den Kommunen zunehmend Aufgaben. Das Konnexitätsprinzip, wonach der die Musik bestellt, der sie auch bezahlt, wird schon lange nicht mehr beachtet. Wenn es zwischen Bund, Ländern und Kommunen nicht zu einer Neuordnung des Finanzausgleichs kommt, dann bleibt es bei der jetzigen Abwärtsspirale, die dazu führt, dass der Haushaltsausgleich für Städte wie Kempen immer schwieriger wird.

Vielfach liest und hört man von sprudelnden Steuereinnahmen. Liegen die Kempener Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuern richtig?

Geulmann: Anhebungspotenzial sehe ich wie die Politik nur bei der Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Flächen. Ansonsten hoffe ich, die Hebesätze halten zu können.

Städte wie Monheim machen sogar Furore mit besonders niedrigen Steuersätzen. Wäre das nicht auch ein Weg für Kempen?

Geulmann: Nein. Das war in Monheim eine einmalige, so nicht wiederholbare Sache, die auch wegen der exklusiven Lage zwischen Düsseldorf und Köln funktionierte. Die Gewerbesteuermehrerträge waren aufgrund der dortigen Rahmenbedingungen bereits vorab kalkulierbar. Wir würden da mehr verlieren als gewinnen.

Sie waren früher auch Politiker in Tönisvorst, saßen dort für die CDU im Stadtrat, waren sogar Parteivorsitzender. Hilft Ihnen im Job die politische Erfahrung?

Geulmann: Im Moment nicht mehr zwingend. In Neukirchen-Vluyn war das am Anfang ganz hilfreich, da für mich Kommunalverwaltung neu war.

Und wie sind Sie anschließend in der Kempener Verwaltung aufgenommen worden?

Geulmann: Sehr nett — vor allem in der Kämmerei. Im Moment bereitet es mir allerdings Sorgen, dass dort zwei erfahrene Mitarbeiter 2017 und 2018 in den Ruhestand gehen. Hier arbeiten wir gemeinsam aber auch schon an einer adäquaten Lösung.

Beurteilen Sie bitte ganz knapp die Kempener Verwaltung insgesamt.

Geulmann: Klassisch, konservativ und bewährt.

Haben Sie für die Zukunft noch politische Ambitionen?

Geulmann: Im Moment sehe ich das nicht. Ich bin, so wie es ist, sehr glücklich. Für die Zukunft definitiv ausschließen möchte ich das aber nicht.

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