Kempen Kaum Hotels für Pferd und Reiter

Der Kreis Viersen lockt mit einem großen Reitwegenetz an. Doch die starke Sportszene vor Ort ist nicht ohne Sorgen — Nachwuchs ist immer seltener im Stall.

Kempen: Kaum Hotels für Pferd und Reiter
Foto: Kurt Lübke

Kempen/Kreis Viersen. 30 Vereine, ein 180 Kilometer langes Reitwegenetz, circa 3000 Aktive — der Pferdesport ist im Kreis Viersen allgegenwärtig. Auch bei Reitern aus anderen Regionen erfreut sich der Kreis großer Beliebtheit.

Allerdings gilt es, in naher Zukunft einige Herausforderungen zu überwinden. Viele Vereine überaltern, ehrenamtliches Engagement geht zurück und für die Reittouristen fehlen Unterbringungsmöglichkeiten. Die WZ hat mit Vereinsvertretern über den Zustand der Reiterszene am Niederrhein gesprochen.

Grundsätzlich sei er zufrieden, sagt Ulrich Schulze, Vorsitzender des Pferdesportverbands im Kreis. Die Reiterei habe in der Region eine gefestigte Infrastruktur mit Höfen, Züchtern und Wettkämpfen. Die Zahl der Sportler sei in den letzten Jahren nahezu konstant geblieben.

Ulrich Schulze, Vorsitzender des Pferdesportverbandes im Kreis

Optimierungsmöglichkeiten sieht er beim Angebot für Touristen. „Wir haben zahlreiche Tagesbesucher aus dem Ruhrgebiet und dem Bergischen Land“, sagt Schulze. Diese schätzten das große Reitwegenetz, die Natur und die Anbindung an entsprechende Strecken in den Niederlanden. „Doch es fehlen Übernachtungsmöglichkeiten für Pferd und Reiter. Ich denke da zum Beispiel an sogenannte Heuhotels wie im Münsterland“, sagt Schulze. Momentan erörtere sein Verband dieses Thema auch in Gesprächen mit der Tourismus GmbH des Kreises. „Es braucht einen Anschub aus der Politik“, so Schulze.

Der Reitsport sei ein unterschätzter Wirtschaftsfaktor. Schulzes Beleg ist eine schnelle Rechnung. Es gebe 8000 Pferde im Kreisgebiet. Monatlich würden pro Tier Kosten von rund 250 Euro fällig, also insgesamt zwei Millionen Euro. Das Geld ginge an Tierärzte, Schmiede und zahlreiche weitere Berufsgruppen.

Die Zahlen zeigen laut Schulze, dass Investitionen in den Reitsport sinnvoll sind. Um die Attraktivität des Kreises Viersen zu erhalten, brauche es großes ehrenamtliches Engagement: „An einem Turnierwochenende sind knapp 40 freiwillige Helfer notwendig.“ Hier hapere es. „Viele Leute kommen nur zu ihren Reitstunden. Darüber hinaus findet kein Engagement statt“, klagt Schulze.

Mit dem Schwund der ehrenamtlichen Arbeit gehe eine Überalterung einiger Vereine einher. Hier versuche der Kreisverband etwa mit Aktionstagen gegenzusteuern. Auch in diesem Jahr sei in Kooperation mit dem Kreissportbund und den Schulen vor Ort ein Tag der offenen Tür an einem Hof in Dülken geplant, berichtet Schulze. Dabei sollen Kinder für Voltigieren, Dressur und Co. begeistert werden.

Auch Gerta Peters, Vorsitzende des Reitvereins Vorst, treiben die Nachwuchssorgen um. Sie sieht mehrere Gründe: „Natürlich kann das an geburtenschwachen Jahrgängen liegen.“ Zentraler Faktor seien sicherlich auch die offenen Ganztagsschulen. „Vielen Kindern fehlt so schlicht die Zeit für Hobbys“, so Peters. Zusätzlich sei der zeitliche Aufwand für Eltern hoch. Bei Fünf- und Sechsjährigen müssten sie oft bei den Trainings dabei sein.

Klaus Zittrich, Vorsitzender des Dressur- und Springvereins Kempen-St. Hubert, berichtet, dass sein Verein zum Glück noch steigende Anmeldezahlen im Nachwuchsbereich habe. Der Grund: Der 2011 gegründete Verein, der im Kempener Reitstall Tempel zu Hause ist, sei noch sehr jung. Und wie können Kinder langfristig motiviert werden, mit einer Reitdisziplin anzufangen?

Zittrich möchte die Vielfalt des Sports in den Mittelpunkt stellen. Das Reiten sei nicht nur gesundheitsfördernd, sondern ergänze auch die soziale Entwicklung von Kindern. „Bei uns spielt der Tierschutz eine große Rolle“, sagt Zittrich. Es gehe darum, Kindern zu vermitteln, wie sie die Bedürfnisse der Pferde erkennen. „Die Kinder verstehen, wie Mensch und Tier eine Allianz werden können“, sagt Zittrich. So lerne der Nachwuchs, Verantwortung zu tragen.

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