Kempen Kalifornier ziehen als Gruppe 55 mit

Am Rosenmontag mischt der amerikanische Besuch der Familie Brüning im Karneval mit — unter dem Motto: „Wo ist Ferdi?“.

Kempen. Fast 9000 Kilometer und rund 13 Flugstunden liegen zwischen Kempen und San Francisco. Für einen Drei-Tage-Tripp ist das eine ganz schön große Entfernung. Die Familie Munsons, die in Kalifornien in der Nähe von San Francisco lebt, schreckt das aber nicht ab. Sie kommt nach Kempen, um beim Rosenmontagszug dabei zu sein! Und das, obwohl man in ihrer Heimat zwar Paraden, aber keinen Karneval kennt.

Kempen: Kalifornier ziehen als Gruppe 55 mit
Foto: Friedhelm Reimann

Die Idee zu diesem ungewöhnlichen Besuch geht auf eine langjährige Freundschaft mit der Kempener Familie Brüning zurück. Die Brünings haben hier auch alles vorbereitet, Kostüme genäht und Wurfmaterial besorgt. Es wurden Schilder bemalt und ein Handwagen gebaut. Denn die Brünings und Mansons werden sich den Rosenmontagszug nicht gemeinsam ansehen, sondern ein Teil davon sein — als Fußgruppe mit der Zugnummer 55. „Von Enkel bis Opa ist alles vertreten. Der Jüngste ist drei Monate, der älteste 56 Jahre alt“, sagt Norbert Brüning.

Das Motto lautet „Wo ist Ferdi?“ Gemeint ist damit natürlich das Kempener Original. Die sechs Kinder der insgesamt 23-köpfigen deutsch-amerikanischen Karnevalsgruppe werden dann als „kleine Ferdis“ mitlaufen. Gewählt wurde das Motto in Anlehnung an die Kinderbuchreihe „Wo ist Walter?“ des britischen Autors Martin Handford. Darin spielt der Weltenbummler Walter die Hauptrolle. Er trägt immer eine Brille, einen rot-weiß-gestreiften Pullover und eine Pudelmütze. Das war quasi ein Steilvorlage für die Kostümierung der beiden Familien.

Ihre Freundschaft geht weit über den Karneval hinaus. Schließlich kennen sie sich schon seit rund zehn Jahren. Es begann alles mit Annika, der Tochter von Andrea und Norbert Brüning. „Ich habe 2005/2006 ein Highschool-Jahr in den USA gemacht und im Rahmen eines Schüleraustauschs bei den Munsons gewohnt“, erzählt Annika. Ein Jahr später haben ihre Eltern dann die amerikanische Gastfamilie nach Kempen eingeladen. „Das war zufällig über Karneval“, erinnert sich Annika.

Ihre Mutter Andrea hatte deshalb die Idee, für die Gäste und ihre eigene Familie Karnevalskostüme zu nähen, um mit ihnen am Rosenmontagszug teilzunehmen. Und siehe da: Die kalifornischen Gäste waren von der Idee begeistert, beim Kempener Rosenmontagszug 2007 mitzuziehen. „Sie hatten von Anfang bis Ende ein Grinsen im Gesicht“, erinnert sich Norbert Brüning. Da die Munsons kein Deutsch sprechen, gab es das eine oder andere Übersetzungsproblem, an dem aber alle Beteiligten viel Spaß hatten. „Wie soll man zum Beispiel ,Humba, humba tätära’ übersetzen?“, fragt Andrea Brüning. Das Thema hat bei mehreren gegenseitigen Besuchen immer wieder eine gewisse Rolle gespielt. „Wir haben auch schon unter kalifornischer Sonne Karnevalslieder gesungen“, sagt Andrea Brüning.

Beide Familien freuen sich noch heute darüber, dass aus einem Schüleraustausch eine deutsch-amerikanische Freundschaft entstanden ist, die viele Familienmitglieder untereinander pflegen. „Manchmal haben wir ein halbes Jahr keinen Kontakt, verstehen uns danach aber sofort wieder“, sagt Norbert Brüning. Deshalb wird es sicher auch am Samstagabend wieder ein großes „Hello“ geben, wenn die Munsons in Kempen ankommen und bis Dienstag hier bleiben. Selbstverständlich ist dann auch für alle, dass sie alle privat innerhalb der Familie Brüning übernachten werden, bevor die Munsons dann am Veilchendienstag noch einen Abstecher nach Berlin machen werden.

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