Gigaliner: Der Koloss von Nettetal

Einer der umstrittenen langen Lkw geht zwischen Nettetal und Porta Westfalica auf Tour.

Nettetal. "Monster-Trucks" oder "Größenwahn auf vier Rädern" beschimpfen Gegner die so genannten Gigaliner. Sogar Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee hat Zweifel, die 25 Meter langen und bis zu 60 Tonnen schweren Transporter zuzulassen. Zum Vergleich: Derzeit liegt die Grenze bei 18,75 Meter Länge und 40 Tonnen Gesamtgewicht.

Anders Knut Lappen: Sein Wunsch ist endlich in Erfüllung gegangen. Fürs Erste zumindest. Der Geschäftsführer der Nettetaler Spedition Sauels hat seit Monaten auf einen solchen "Monster-Truck" gewartet, wobei er ihn so nie bezeichnen würde. Lappen ist, anders als die Kritiker der Gigaliner, davon überzeugt, dass sie sich wirtschaftlich rentieren und der Umwelt keineswegs schaden.

Am 17. September wird der Sauels-Gigaliner auf seine erste Fahrt geschickt. Um 20 Uhr geht es auf die 240 Kilometer lange Tour vom Niederrhein nach Westfalen, fortan fünfmal mit Sammelgut beladen in der Woche. Am nächsten Morgen wird er wieder auf den Hof in Nettetal gelenkt.

Das Problem: Bereits Ende Dezember soll die Testphase enden, begonnen hat sie im Januar. Allerdings nicht für Sauels. Die Lieferanten der so genannten Dolly-Achse hatten Probleme. Ohne Achse kein Gigaliner. Sie verbindet den Motorwagen mit einem Sattelaufauflieger und sorgt so für das Gesamtkonstrukt von 25 Metern mit einem Gesamtgewicht von 40 Tonnen.

Lappen hofft, dass die Testphase verlängert wird. Sich innerhalb von drei statt zwölf Monaten ein Urteil erlauben zu können, hält er für schwierig. "Zahlen müssen natürlich her, die beweisen, dass die Gigaliner wirklich etwas für unser Gewerbe sind", sagt er. Und wenn die Politik den Gigaliner ins Leere fahren lasse, müssten zuvor zumindest die Kosten wieder eingefahren werden - in drei Monaten kaum machbar. "Wir haben etwa 27 000 Euro investiert, um das Ding ans Laufen zu bekommen, 21 000 Euro für die Achse, 6000 für den Tüv-Test."

Besagten Test hat der Gigaliner samt zwei Fahrern auf dem Flughafengelände in Hopsten bestanden. Besonderes Augenmerk legten die Prüfer auf Bremsen und den vorgeschriebenen (BO-)Wendekreis. Schließlich musste nur noch eine Hürde überwunden werden: die Strecken-Genehmigung. Überall dürfen die Trucks nämlich nicht fahren. Der Sauels-Transporter pendelt genau festgeschrieben zwischen Nettetal und Porta Westfalica. "In Porta Westfalica übernimmt die Spedition Schröder, mit der wir kooperieren. Der Gigaliner wird dort wieder beladen und kommt zurück."

Befürworter Verband der Automobilindustrie (VDA), Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), Verband Deutscher Papierfabriken (VDP), Deutscher Speditions- und Logistikverband (DSLV)

Gegner Die Liste der Kritiker ist lang - eine Auswahl: Allianz pro Schiene, Auto Club Europa (ACE), Automobil-Club Verkehr (ACV), ADAC, Automobilclub von Deutschland (AvD), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Bundesverband Deutscher Eisenbahnfreunde (BDEF), Bundesverband Führungskräfte Deutscher Bahnen (BF Bahnen), Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB), Naturschutzbund Deutschland (NABU), Pro Bahn. Außerdem haben sich jüngst das EU-Parlament und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) gegen die Zulassung der Gigaliner ausgesprochen.

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