Kempen Endgültig: Das Kreisarchiv ist weg

Kempen wird das Archiv in Richtung Viersen verlieren. Das haben die Mitglieder des Kreistages am Donnerstagabend beschlossen. Landrat Andreas Coenen muss nun ein Grundstück und einen Kostenplan vorlegen.

Kempen: Endgültig: Das Kreisarchiv ist weg
Foto: Kurt Lübke

Kempen/Viersen. Zum Abschluss der monatelangen Diskussionen über einen neuen Standort für das Kreisarchiv haben es die Politiker am Donnerstagabend besonders spannend gemacht. In der Sitzung des Kreistages wurde auf Antrag der FDP geheim darüber abgestimmt, ob und wo ein Neubau für das Kreisarchiv entstehen wird. Um 19.50 Uhr war es dann amtlich: Nachdem das Kreisarchiv aus fachlichen Gründen die Kempener Burg verlassen muss, wird es in einem Neubau in Viersen untergebracht.

29 Mitglieder des Kreistages stimmten dem Beschlussvorschlag zu, dass das Viersener Stadt- ins Kreisarchiv überführt wird, Landrat Andreas Coenen (CDU) dazu eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung abschließt und dass der Sitz der neuen Einrichtung Viersen sein wird. Ein entsprechendes Grundstück und einen Kostenplan soll der Landrat in der nächsten Sitzung des Kreistages vorlegen. Gegen diesen Vorschlag gab es 16 Nein-Stimmen bei sechs Enthaltungen.

Bevor über diesen gekoppelten Beschluss abgestimmt wurde, mussten die Politiker schon einmal an die Wahlurne, um zu darüber abzustimmen, ob der Kreis Viersen für den Neubau die Fördersumme von 5,1 Millionen Euro aus Landesmitteln verwenden darf. Ergebnis: 44 Mal Ja, zwei Mal Nein und fünf Enthaltungen.

Obwohl es die Kreistagsmitglieder so spannend gemacht haben, war das Ergebnis alles andere als überraschend. Schließlich hatte der Rat der Stadt Viersen am Mittwochabend einer Überführung des eigenen ins Kreisarchiv mit knapper Mehrheit zugestimmt (die WZ berichtete). Vor allem für die CDU war dies das entscheide Kriterium, Viersen den Zuschlag zu geben. Das hatte Fraktionschef Michael Aach bereits in der vergangenen Woche gegenüber der WZ erklärt. „Die Zustimmung Viersens liegt nun vor. Von daher halten wir Viersen als Standort für bestens geeignet“, sagte Aach im Kreistag.

Er machte aber deutlich, dass innerhalb der CDU-Fraktion kontrovers über das Thema diskutiert worden ist. Daher kündigte er an, dass sich die Kreistagsmitglieder aus Kempen und Willich bei der Standortabstimmung enthalten werden. Wie berichtet, standen die beiden Städte ebenfalls auf der Rangliste des Landrates — in der Reihenfolge Viersen, Willich und Kempen.

Für ebendiesen Beschlussvorschlag inklusive Rangliste für den Kreiskultursausschuss erntete der Landrat gestern erneut Kritik. „Dadurch ist eine ganze Menge Verwirrung entstanden“, so SPD-Fraktionschef Hans Smolenaers. „Zwischen Städten und Kreis wurden Briefchen geschrieben und Fristen gesetzt, die nicht eingehalten werden konnten oder wollten.“ Unterm Strich hätten die Politiker als Entscheidungsträger zu wenige Informationen bekommen und von der „kuriosen Beschlussvorlage“ aus der Zeitung erfahren. „Das habe ich so noch nicht erlebt. So geht man nicht mit ehrenamtlichen Mandatsträgern um“, sagte Smolenaers.

Diese Empörung konnte Grünen-Fraktionschef Jürgen Heinen nicht nachvollziehen: „Dieses Szenario verstehe ich nicht“, sagte er Richtung von Smolenaers. Der Grüne nahm den CDU-Landrat in Schutz: „Die Irritationen hat die Kreisverwaltung nicht zu verantworten.“ Der zeitliche Druck sei den ausführlichen Beratungen in den Städten geschuldet. Zudem habe der Zeitplan — mit finaler Abstimmung im September — bereits im Januar festgestanden. „Wir haben uns schon früh entschieden“, so Heinen. „Es ist richtig, in Viersen neu zu bauen.“

In den Reihen der FDP fehlte die Fraktionsvorsitzende Irene Wistuba aus Kempen. Dafür ergriff ihr Stellvertreter Hans-Willy Troost das Wort: „Das war kein fairer Wettbewerb. Der Landrat hatte sich von vorneherein für Viersen entschieden.“ Um eine finale Entscheidung zu treffen, fehlten aus Sicht der FDP weiterhin wichtige Informationen — zum Beispiel zu Kosten und Grundstücksgröße. „Wir kaufen hier die Katze im Sack“, so Troost. Teile seiner Fraktion hielten das Thema für „nicht entscheidungsreif“.

Das sah Hermann Rubbert (Freie Alternative) anders: „Die neue Einrichtung dient dem Kreis.“ Es sei sinnvoll, jetzt darüber zu entscheiden. Linken-Fraktionschef Christoph Saßen hätte am liebsten den Status quo beibehalten: eigene Stadtarchive in Willich und Viersen und ein gemeinsames Stadt- und Kreisarchiv in Kempen.

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