BFBS-Reporter filmt Soldaten-Kunst

Vielleicht lüften die Briten das Rätsel um den Künstler, der die schönen Wandbilder im Haus Donkring 21 vor rund 70 Jahren angefertigt hat.

BFBS-Reporter filmt Soldaten-Kunst
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Rob Olver ist seit 1984 Reporter beim britischen Militärsender BFBS (British Forces Broadcasting Service). Der Zivilist hat in 32 Journalisten-Jahren tausende Beiträge gefilmt und vertont, Premierminister wie Tony Blair und David Cameron bei Soldatenbesuchen aus nächster Nähe miterlebt.

BFBS-Reporter filmt Soldaten-Kunst
Foto: Kerstin Reemen

Erst kürzlich besuchte er britische Fallschirmspringer in ihrem Trainingscamp in Germany, bei „the Princess of Wales’s Royal Regiment Free Fall Display Team“, genannt „The Tigers“.

BFBS-Reporter filmt Soldaten-Kunst
Foto: Kerstin Reemen

Trotzdem spricht er von einem „Wow-Factor“, als er sich im privaten Zimmer von Peter Kohlen am Donkring 21 in Kempen umsieht. Die 70 Jahre alten Zeichnungen, die die Wände des Erdgeschoss-Raumes schmücken (die WZ berichtete), haben, so sagt er, „die Zeit angehalten“. Als stehe man mitten in dem als Pub oder Casino genutzten Raum, in dem britische Unteroffiziere sich 1945/46 getroffen und ihre Freizeit verbracht haben.

Ulrike Kohlen, die 1999 mit ihrem Mann Ivo Gilbert das denkmalgeschützte Haus gekauft hat, weiß, welches Gefühl Rob Olver umschreibt: „Ich glaube auch manchmal die Atmosphäre von Gläserklirren, Musik und Pfeifenrauch zu spüren.“

Rob Olver war auf den WZ-Bericht über die Soldaten-Kunst vor zwei Wochen aufmerksam geworden. Er ist angereist, um mit den Hausbewohnern zu sprechen und die Frage, wer die Zeichnungen angefertigt hat, per Video nach England weiter zu tragen. Bis nächste Woche wird Rob Olver 60 Minuten Filmmaterial zu einem Dreieinhalb-Minuten-Beitrag schneiden, dann über Forces TV senden.

Und so erzählt Ulrike Kohlen noch einmal in Olvers Kamera, wie sie und ihr Mann vor 15 Jahren während der Renovierung die Zeichnungen unter vielen Tapetenlagen wiederentdeckt hatten und später professionell restaurieren ließen.

Ivo Gilbert über die Interviews vor laufender Kamera in seinem Haus am Donkring 21

Olver interviewt und filmt, macht jede Menge Einstellungen von den Wandbildern. Da werden sogar Möbel gerückt, um die Perspektiven zu verbessern. Ivo Gilbert, Ulrike Kohlen und ihr Vater Peter verfolgen das Ein-Mann-Filmteam mit großer Gelassenheit. Ivo Gilbert: „Ist doch spannend. Erlebt man nicht alle Tage.“

„Könnte das Zeichen im Ballon, die gekreuzten Buchstaben J und L, nicht eine Signatur sein“, fragt Gilbert. Vielleicht ein neuer Hinweis, um das Rätsel zu lösen, wer die Zeichnungen — eventuell als Kopie von erotischen Postkarten der damaligen Zeit - angefertigt hat.

Möglicherweise steht der unbekannte Künstler in der zweiten Reihe eines historischen Fotos, das zur Sammlung des Kreisarchivs Viersen gehört. Es zeigt die Gruppe des britischen Militärs in Kempen im Oktober 1945.

Vorne sitzen fünf Offiziere, unter ihnen in der Bildmitte Militärkommandant Lt. Col. C. R. Greville Acworth. Dahinter stehen die so genannten „Other Ranks“, unter denen Unteroffiziere und Mannschaften zu verstehen sein dürften. Das Quartier der „Other Ranks“ befand sich am Donkring 21, genau dort, wo Rob Olver an diesem Aprilmorgen 2016, 70 Jahren später, fragt und filmt.

Ob der Künstler Corporal Eaton, hintere Reihe links, war? Oder Private S. Holiday neben ihm? Vielleicht Seargeant Purton oder Bombardier Horsefield, Sergeant A. Cornish, Private Freeman oder Corporal Orde, rechts im Bild?

Historiker Hans Kaiser, profunder Kenner der Geschichte Kempens, hat eine weitere Möglichkeit im Sinn. Er tritt auf Vermittlung der WZ im Hause Kohlen ebenfalls vor die BSBF-Kamera. Zu diesem Anlass sieht er zum ersten Mal die Wandbilder. „Die hat ein Profi gemacht“, ist Kaiser gleich überzeugt. „Das war kein Amateur.“ Er hält es durchaus für wahrscheinlich, dass ein Deutscher die Bilder angefertigt hat, auf Geheiß der Briten. Schließlich, sagt der Historiker, sei die britische Militärregierung im Herbst 1945 mit zwölf Mann relativ klein gewesen und habe sicher nicht die Zeit gehabt für diese aufwendige Kunst.

Als Historiker Hans Kaiser sich die Motive noch genauer ansieht, die vollmundigen Gesichter der Schmetterlingsköpfe, den Stil von unschuldiger Erotik, ist der ehemalige Lehrer überzeugt: „So malt nur eine Frau.“ Das Rätselraten geht weiter. Die WZ bleibt dran am Thema.

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