Kempen Beste Kontakte in die Klassik-Szene

Kempen Klassik feiert 20-Jähriges und hat sich gut etabliert. Junge Talente kommen noch nach Kempen, wenn sie Stars geworden sind.

Kempen: Beste Kontakte in die Klassik-Szene
Foto: Lübke

Kempen. Vielleicht wird es den einen oder anderen bunten Luftballon geben, aber eines ist gewiss: Musikalisch wird heftig gefeiert — denn der Verein Kempen Klassik ist 20 Jahre alt. Am Wochenende 12. bis 14. Mai wird ein Musikfest für alle in vier Akten geboten: mit Schubertiade, Klingender Altstadt mit rund 150 Mitwirkenden an acht Spielorten in der Altstadt, Geburtstagswandelkonzert im Franziskanerkloster und Mozarts „Zauberflöte“ für Kinder.

Peter Landmann (67), künstlerische Leiter, kann durchaus als Gründervater von Kempen Klassik bezeichnet werden. Denn als der damalige Kulturdezernent der Stadt Kempen 1996 ins Kulturministerium nach Düsseldorf wechselte, wollte er, dass die bis dato aufgebauten Klosterkonzerte weitergehen. Diese gab es bereits seit 1986, zuvor waren die Veranstaltungen unter dem Titel Meisterkonzerte angeboten worden. „Volker Rübo, damals noch kein Bürgermeister, war mein Nachfolger als Dezernent, war aber auch gleichzeitig noch Kämmerer. Er hatte jedoch keine speziellen Ambitionen auf die Konzerte“, sagt Landmann. Daher hätten er und Rübo sich freundschaftlich darauf geeinigt, dass er die Klosterkonzerte weiter ehrenamtlich voranbringt. Landmann: „Auch wenn ich beruflich aus Kempen weggegangen bin, ich lebe noch in dieser Stadt.“

Mehrere Schritte seien nötig gewesen, die Konzertkultur der Thomasstadt auf solide Füße zu stellen, so Landmann. Zunächst musste die Paterskirche — akustisch wegen ihres Nachhalls für Konzerte nicht geeignet — saniert werden. Landmann: „Wir haben durch viele kleinere Maßnahmen das Problem in den Griff bekommen.“ Das habe etwa zwei Jahre gedauert, doch sei dies die „Initialzündung“ für den späteren Erfolg gewesen. Jetzt seien die Musiker immer wieder nicht nur vom Flair der Kirche, sondern auch seiner Akustik begeistert. Danach habe die Anschaffung eines Flügels angestanden. 1997 gab es einen entsprechenden Wettbewerb, aus dem der Steinway-Flügel als Sieger hervorgegangen ist. 130 000 D-Mark hat der Verein damals dafür ausgeben. „Heute kostet so ein Flügel das Gleiche — nur in Euro“, so der künstlerische Leiter.

Diese Anschaffung sei aber nicht ohne den Förderkreis Kultur und Wirtschaft möglich gewesen. Die Unterstützung von Kempener Unternehmen, zurzeit sind es zwölf, sei damals „der entscheidende Schub gewesen, in diese Qualitätsdimensionen vordringen zu können“. Und auch heute noch wären die 22 bis 24 Konzerte pro Saison ohne diese Finanzspritzen nicht möglich.

Peter Landmann, Künstlerischer Leiter

2013 wurde der bislang letzte Schritt für mehr finanzielle Stabilität unternommen: die Gründung der Kempener Stiftung Bürger für Klassik. Landmann: „Dabei geht es darum, größere Zuwendungen zu sammeln, wie beispielsweise durch Vermächtnisse.“ Das Kapital — zurzeit etwa 220 000 Euro — wird nur vermehrt und nicht angegriffen. Die Erlöse jedoch werden zur Konzert-Finanzierung genutzt. Zuletzt waren das 6000 Euro. Der Gesamtetat beläuft sich auf 110 000 Euro für 24 Konzerte, ohne beispielsweise Gema-Gebühren und Künstlersozialkasse, aber mit Unterbringung und Betreuung.

Zum Fundament von Kempen Klassik gehören aber auch, so betont Landmann, die katholische Kirche, die unentgeltlich die Paterskirche zur Verfügung stellt, sowie die Stadt Kempen. Die unter anderem mit dem Kartenverkauf die Organisation der Konzerte unterstützt — aber auch durch die Finanzierung einer halben Stelle: Martin Klapheck ist halb für den Verein und halb für das Kulturamt zuständig. Nicht nur diese „Halb-Halb-Konstellation“ sei für den Verein vorteilhaft, sondern auch, dass Klapheck etwas von „Musik versteht“.

Am Beispiel des Geigers Daniel Hope erläutert Landmann, wie Kempen Klassik teilweise seine Konzerte organisiert. Bereits „als junger Kerl“ hat Hope in den 90ern in der Paterskirche gespielt. Daraus habe sich eine Freundschaft entwickelt, die es ermögliche, den mittlerweile „weltweit gefragtesten Geiger“ weiter nach Kempen zu holen. So habe man bei einem Bierchen nach dessen letztem Konzert das nächste eingetütet: Es findet im November statt. Durch das gute Verhältnis zu Hope könne er dann die ihn begleiteten Musiker „überzeugen“, in Kempen zu spielen. Landmann: „Wir können uns keine Konzerte für 40 000 Euro leisten.“

Weiter steht Kempen Klassik mit bis zu zehn auch internationalen Agenturen in Kontakt, die Kempen schon mal ihren Künstlern als Zwischenstopp anbieten. „Beispielsweise, wenn dieses zwischen einem Auftritt in Amsterdam und vor einem in Prag noch einen freien Tag haben“, so Landmann. Und Klapheck ergänzt: „Kempen liegt günstig, egal, ob man von Nord nach Süd oder West nach Ost will.“ Gleichzeitig führen die Agenturen eine Wunschliste. „So sind wir sehr an dem zurzeit angesagtesten Bariton, Christian Gerhaher, für einen Liederabend interessiert“, erzählt Landmann. Mit anderen Künstlern, wie der Pianistin Ragna Schirmer, verhandelt Kempen Klassik direkt. „Da wird der Manager nur ins CC bei den Mails gesetzt“, grinst der künstlerische Leiter.

Er setzt auch auf späte Planung: „Wir konkurrieren mit der Carnegie Hall, dem Wiener Konzerthaus oder den Salzburger Festspielen. Da können wir nicht mithalten. Aber wir können in Lücken springen, die zwischen den Auftritten in großen Häusern entstehen.“

Zudem beobachten Landmann und Klapheck Wettbewerbe, um so vor allem junge Talente nach Kempen zu holen, „wenn wir von ihrer Begabung überzeugt sind“. Außerdem bewerben sich auch Künstler selbst bei den Kempenern, „weil wir einen guten Ruf haben“, so Landmann.

Dazu gibt es in der Regel für zwei Konzerte einer Saison eine Kooperation mit dem WDR. So auch in der nächsten in den Reihen Musica antica e viva und Kammermusik. Der künstlerische Leiter Peter Landmann verspricht „ein spannendes Programm, das nicht nur in der Qualität aus dem Rahmen fallen wird“.

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