Ausbildung: Stadt Kempen streicht das duale Studium

Zunächst ausgeschriebene Stellen werden doch nicht besetzt. Stattdessen werden Arge-Mitarbeiter zurückgeholt.

Kempen. Meike Hüsges hat sich im vergangenen Jahr ein großes Ziel gesetzt: Die 24-jährige Kempenerin will bei der Stadtverwaltung ein duales Studium beginnen. Die entsprechende Stellenanzeige hat sie auf der Internetseite der Stadt gefunden. Gesucht wird eine „Anwärterin für den gehobenen nichttechnischen Beamtendienst“. „Mir war sofort klar, dass ich da hin möchte“, erinnert sich Hüsges. Im Januar liegt schließlich ein „großer Umschlag“ der Stadt im Briefkasten. Hüsges: „Da war ich natürlich enttäuscht, weil ich sofort wusste, dass es eine Absage war.“

Doch als sich die junge Frau das Schreiben durchliest, verwandelt sich ihre Enttäuschung in Ärger. Die Stadt begründet die Absage darin wiefolgt: „Aufgrund der derzeitigen Haushaltslage wurde beschlossen, die Stelle im nächsten Jahr doch nicht zu besetzen.“ Hüsges: „Die Stadt muss sparen, keine Frage, aber nicht an Bildung.“

Das duale Studium sieht vor, dass man eine praktische Ausbildung bei der Stadt Kempen bekommt und gleichzeitig an der Verwaltungshochschule in Duisburg die Theorie lernt. Der Vorteil soll darin bestehen, dass man das neue Wissen direkt praktisch umsetzen kann und es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, nach dem Abschluss übernommen zu werden.

Aus Hüsges Sicht, die derzeit ihr Abitur nachholt und es Ende des Monats abschließen wird, wäre dies der ideale Job. Zuvor hat die 24-Jährige bei der Telekom eine kaufmännische Ausbildung absolviert und danach für die Kempener Werbeartikel-Firma Igo Post gearbeitet.

„Alle Städte und Gemeinden verlangen, dass die Unternehmen junge Leute einstellen sollen, um den Nachwuchs zu fördern“, ärgert sich Hüsges. Ihrer Meinung nach sollte also gerade die Stadt mit gutem Beispiel voran gehen.

„Diese Ausbildungsplätze wurden gestrichen, weil wir die Stellen anderweitig besetzen müssen“, sagt Kirsten Pfennings vom Presseamt. Verantwortlich dafür sei allerdings nicht — wie in der Absage an Meike Hüsges geschildert — die Haushaltslage der Stadt. „Es wollen einige Mitarbeiter zurückkehren, die momentan im Jobcenter der Arge beschäftigt sind“, erklärt Pfennings. Es handele sich dabei um zehn Kollegen. Zugunsten dieser habe der Haupt- und Finanzausschuss im Dezember beschlossen, das duale Studium für die nächsten drei Jahre einzustellen.

„Bei den Kollegen aus dem Jobcenter handelt es sich um Mitarbeiter der Stadt Kempen“, erklärt Personalamtsleiter Roland Müller. Zur Einführung der Hartz IV-Gesetze seien sie 2005 zur Arge gewechselt. „Mit der Vereinbarung, dass sie irgendwann wieder zurück ins Rathaus wechseln können“, ergänzt Müller. Dieses „irgendwann“ wolle man in den nächsten drei Jahren umsetzen. „Danach wollen wir wieder junge Menschen im dualen Studium ausbilden.“

„Ich hoffe, dass die Stadt das Angebot wieder aufstockt, um lernwilligen jungen Leuten die Chance zu geben, mit einer qualifizierten Ausbildung ins Berufsleben zu starten“, sagt Meike Hüsges. Für sie selber würde dies allerdings zu spät kommen. Hüsges will nun an der Fachhochschule Düsseldorf studieren. Ihre Bewerbung läuft.

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