Attacke am Möhlenring: Dreieinhalb Jahre Haft

51-Jähriger hat einer Frau mehrfach gegen den Kopf getreten. Das Urteil wird aber noch nicht vollstreckt.

Kempen/Krefeld. Drei Jahre und sechs Monate Haft — dazu wurde gestern der 51-jährige Kempener, der am 14. Februar eine Frau am Möhlenring zusammengeschlagen hat, verurteilt. Das Schöffengericht am Krefelder Amtsgericht folgte beim Strafmaß der Forderung des Staatsanwaltes. Zudem muss der Täter 2000 Euro Schmerzensgeld an die Geschädigte zahlen. Diese Summe hatte sie als Nebenklägerin gefordert. Das Gericht sah den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung als erwiesen an. Der Pflichtverteidiger des Angeklagten forderte eine Bewährungsstrafe von weniger als zwei Jahren.

Fünf Zeugen bestätigten in der gestrigen Verhandlung den Vorwurf der Anklage: Stefan K. hat die damals 35-jährige Frau gegen 9.30 Uhr auf offener Straße attackiert. Zuvor hatte sie den Mann ermahnt, weil er mit seinem Fahrrad bei roter Ampel den Ring überquert hatte. „Du bist ja ein super Vorbild. Hier sind überall Kinder.“ Das Opfer wiederholte gestern den Satz, den sie am Tattag zu K. gesagt hat, als er an ihr vorbeifuhr.

Daraufhin drehte sich der Angeklagte um und fuhr der zweifachen Mutter mit dem Rad zwischen die Beine. Es folgten Schläge und Tritte gegen Kopf und Brustkorb.

„Obwohl die Frau am Boden lag, trat der Mann ihr etwa drei- bis fünfmal mit dem Fuß auf den Kopf“, sagte gestern ein 18-jähriger Zeuge. Der Auszubildende war am Tattag 17 Jahre alt. Er zog den Angeklagten damals vom Opfer weg und hat so Schlimmeres verhindert. Dafür wurde er von der Richterin gelobt.

Auf die Frage, wie auf den Kopf der Frau eingetreten wurde, antwortete der Zeuge: „Als ob einer mit voller Wucht einen Ast durchtreten will.“

Neben den körperlichen Verletzungen — das Opfer hatte Prellungen und Quetschungen an Kopf, Nacken und Brustkorb — leidet die 35-jährige Frau vor allem unter seelischen Problemen. Unter Tränen sagte sie aus, dass sie noch heute Angst habe, alleine aus dem Haus zu gehen. Vor allem, weil sie den Täter oft in der Kempener Innenstadt treffe. So sei er zum Beispiel mit dem Rad an ihrem Haus vorbeigefahren und habe auch einmal an einem Supermarkt auf die Geschädigte gewartet. Die 35-Jährige ist wegen ihrer Angstzustände in therapeutischer Behandlung.

Zurück zum Prozess: Erst nachdem die Zeugen die Version der Anklage bestätigt hatten, legte Stefan K. ein Geständnis ab: „Das, was die Zeugen gesagt haben, kann ich so bestätigen.“ Ihm tue der Vorfall leid und er habe seine Lehren daraus gezogen. „Auch ich stand unter Schock und mache mir seit damals Vorwürfe“, sagte der Angeklagte. Er sei wohl so ausgerastet, weil er damals viele persönliche Probleme hatte: Arbeitslosigkeit, Tod der Eltern und ein Erbstreit innerhalb der Familie.

Die Konsequenzen der Attacke habe er nicht absehen können: „Ich hatte die Frau viel größer und stabiler in Erinnerung“, sagte er gestern im Gerichtssaal.

Die Richterin nannte die Aussagen des Angeklagten eine „Pseudo-Entschuldigung“. „Mit der Aussage, dass Sie die Frau stabiler in Erinnerung haben, haben Sie sich entlarvt“, so die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. „Was soll denn so eine Aussage?“ Die Tat des 51-Jährigen sei „nie zu rechtfertigen“: K. habe eine „massive Brutalität im öffentlichen Raum“ begangen. Zudem habe er das Opfer um seinen Alltag gebracht: „Ihr ist die Leichtigkeit des Lebens verloren gegangen.“

Außerdem könne sich der Angeklagte beim „lieben Gott bedanken“, dass der Fall nur vor dem Schöffengericht behandelt worden sei. „Das war am Rande eines versuchten Tötungsdeliktes.“

Trotzdem wurde der Haftbefehl gegen K. gestern nicht sofort vollstreckt. Er bleibt vorerst frei. Die Richterin verwies darauf, dass sich K. nach einer zweimonatigen Zwangsunterbringung in einer Psychiatrie im Sommer (siehe Kasten) auch nichts zuschulden hat kommen lassen. Zum Schluss sagte sie aber: „Sollten Sie sich in nächster Zeit auch nur das geringste erlauben, sind Sie schneller in Haft, als Sie denken können.“

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