Kreis Viersen AfD-Kandidat: Kreis Viersen sieht keine Ungereimtheiten

Die zuständige Behörde bestätigt lediglich einen anonymen Hinweis zu möglichen Unstimmigkeiten.

Kreis Viersen: AfD-Kandidat: Kreis Viersen sieht keine Ungereimtheiten
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Die Berichterstattung der WZ über Rätsel hinter dem Namen des möglichen AfD-Direktkandidaten zur Bundestagswahl, Kay Gottschalk, hat für reichlich Wirbel im politischen Betrieb des Kreises Viersen gesorgt. Vertreter anderer Parteien wundern sich unter anderem im sozialen Netzwerk Facebook darüber, dass ein AfD-Politiker mit Erstwohnsitz in Hamburg ausgerechnet im Kreis Viersen antreten möchte. Dies ist, wie schon berichtet, laut Wahlgesetz in Ordnung. Ein Bewerber um ein Bundestagsmandat muss nicht in dem Wahlkreis wohnen, in dem er antritt. Dafür gibt es prominente Beispiele. So ist der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück 2013 im Kreis Mettmann ins Rennen gegangen, obwohl er nicht dort wohnt.

Unregelmäßigkeiten mit Blick auf die Aufstellung Gottschalks durch die AfD im Kreis Viersen sollen nach Informationen der WZ von diversen Politikern dennoch bestehen. Demnach sollen zu der Versammlung der AfD Anfang Juli, bei der der Hamburger zum Direktkandidaten gekürt wurde, nicht alle Mitglieder eingeladen gewesen sein. Dies könnte die Rechtmäßigkeit der Versammlung infrage stellen.

Mit entsprechenden Informationen soll auch ein anonymer Hinweisgeber an die Kreiswahlleitung herangetreten sein. Das bestätigte am Donnerstag Kreisdirektor Ingo Schabrich auf Anfrage der WZ. Er fungiert als stellvertretender Kreiswahlleiter für den im Urlaub weilenden Landrat Andreas Coenen. In der vergangenen Woche hat es laut Schabrich einen Anruf eines anonymen Hinweisgebers mit Blick auf die AfD gegeben. Eine Mitarbeiterin des zuständigen Amtes habe dem Anrufer mitgeteilt, er müsse seine Vorwürfe schriftlich einreichen oder persönlich vorbeikommen. Für diesen Fall sei dem Informanten auch zugesichert worden, seine Daten vertraulich zu behandeln. „Letztlich hat sich aber niemand mehr gemeldet“, so Schabrich.

Der Kreis Viersen habe die Hinweise nicht weiterverfolgt, „weil eben niemand hinter bzw. zu diesen Informationen stand“. Die Behörde könne nicht einfach ins Blaue hinein Abläufe innerhalb von Parteien prüfen. Für die Sitzung des Kreiswahlausschusses (Freitag, 17 Uhr) hat das Amt inzwischen seine Beschlussvorlage veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass man bei den Vorschlägen aller Parteien nichts zu beanstanden hat. Sechs Kandidaten sollen zugelassen werden — unter ihnen Kay Gottschalk.

Den Mitgliedern des Ausschusses würden am Freitag die eingereichten Unterlagen der Parteien präsentiert. Zu diesen gehöre in der Regel ein Protokoll der Mitgliederversammlung, bei der die Wahl des Kandidaten stattgefunden hat. Außerdem müssten verschiedene eidesstattliche Erklärungen von Anwesenden, die die Korrektheit der Wahl bestätigen, eingereicht werden. Das ist offenbar bei allen sechs Parteien geschehen. Schabrich: „Näheres werden die Mitglieder des Ausschusses erfahren.“

Unterdessen meldete sich am Donnerstag auch Kay Gottschalk selbst bei der WZ, nachdem er zunächst eine Anfrage bis Mittwochabend nicht beantwortet hatte. Von möglichen Unregelmäßigkeiten sei ihm nichts bekannt, zumal er selbst kein Mitglied des Kreisvorstandes sei. Der hohe Beteiligungsgrad bei der Versammlung von „rund 30 Prozent“ spreche dafür, dass auch alle Mitglieder eingeladen worden seien. Laut Gottschalk ist er mit 27 von 29 möglichen Stimmen gewählt worden. Es habe eine Nein-Stimme und eine Enthaltung gegeben.

Den Wirbel um seinen Wohnsitz kann der AfD-Kandidat nicht nachvollziehen. Er bestätigte, dass er in Hamburg seinen Erstwohnsitz hat und dort weiterhin gewähltes Mitglied der Bezirksvertretung Mitte ist. Allerdings sei der Kreis Viersen ein wichtiger Bestandteil seines Lebens. Durch die Freundschaft zu einem Modelleisenbahnsammler aus der Region habe er schon vor Jahren den Kreis „kennen- und schätzengelernt“. So sei er auch schon beim Dülkener Karnevalszug dabei gewesen.

Seinen Zweitwohnsitz hat Gottschalk nach eigenen Angaben seit Januar 2017 in Nettetal-Lobberich. Damit widersprach er am Donnerstag einer AfD-Pressemitteilung vom 6. Juli, in der davon die Rede ist, dass er seit 2015 in Nettetal lebt. Dies sei offenkundig ein Fehler, so Gottschalk. Demnächst will sich der 51-Jährige weiter in Nettetal verwurzeln: „Ab 1. September bin ich Inhaber einer Immobilie in Breyell.“

Sein Mandat und damit auch seinen Erstwohnsitz in Hamburg will Gottschalk zunächst nicht aufgeben. Er habe sich mit seinem Parteifreunden in der Hansestadt darauf verständigt, zunächst den Ausgang der Bundestagswahl am 24. September abzuwarten.

Der gebürtige Hamburger, der vom AfD-Landtagsfraktionsvorsitzenden Marcus Pretzell nach NRW geholt worden ist, steht auf der Landesliste seiner Partei auf Platz vier — und somit auf einem aussichtsreichen Listenplatz. Mit Blick auf diese Liste sind allerdings offenbar Ungereimtheiten aufgetaucht, die vom Landeswahlleiter überprüft werden. Der Landeswahlausschuss wird am Freitag über die Zulassung der NRW-AfD entscheiden.

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