Grefrath Könner am Ball, beim Einwurf hapert’s

Armend Cerkini vom SV Grefrath trainiert B-Junioren in Oedt, darunter sind auch zwölf Flüchtlinge. Er selbst hat eine ähnliche Laufbahn hinter sich wie sie.

Grefrath: Könner am Ball, beim Einwurf hapert’s
Foto: Kurt Lübke

Grefrath. „Wissen Sie“, sagt Armend Cerkini, „ich bin auch als Flüchtling nach Deutschland gekommen.“ Er war zwei Jahre alt, als seine Eltern in den 90er Jahren den Kosovo verließen. „Ich bin hier am Bruchweg groß geworden.“

Schon als kleiner Junge hat Armend Fußball gespielt. „Meinen besten Freund kenne ich seit unserer Bambini-Zeit. Sven war der einzige deutsche Junge von meinen Kumpeln, der damals auch zu mir zum Bruchweg kommen durfte.“

Als Cerkini vor kurzem gefragt wurde, ob er die B-Junioren (Jahrgang 2000/2001) trainieren wolle, einen Kader von 23 Jungs, hat er sofort zugesagt. Es ist ein besonderer Kader. In ihm sind zwölf Flüchtlinge, 15 und 16 Jahre alt, die als unbegleitete Minderjährige im Antoniushaus in Mülhausen eine Bleibe gefunden haben und dort betreut werden.

Seit ein paar Wochen werden sie zur Nierskampfbahn nach Oedt gefahren, gucken, laufen und kicken mit.

„Das Fußballtraining ist für sie ein Highlight“, weiß Armend Cerkini. Seine oberste Prämisse: „Sie sollen Spaß haben.“ Seit Mitte August trainiert er die Mannschaft, die sich von Training zu Training, von Spielwochenende zu Spielwochenende besser kennenlernt. „In den ersten drei Wochen kamen ständig neue Jungen aus Mülhausen. Nun hat sich eine Gruppe von zwölf, 13 Spielern herausgebildet.“

Vor kurzem haben Cerkinis B-Junioren den ersten Sieg gegen Dilkrath eingefahren. „Danach haben die Jungs aus dem Antoniushaus mit Sicherheit die Nacht nicht geschlafen, so haben sie sich gefreut.“ Vorher hatten sie schon hohe Niederlagen hinnehmen müssen.

Die deutsche Sprache beherrschen nicht alle der Neueinsteiger. Auf dem Kunstrasenplatz fallen Sätze in Französisch, Arabisch, Englisch . . . Gut, dass Trainer Cerkini beispielsweise den 16-jährigen Sallad aus Afghanistan einbinden kann. Er ist seit acht Monaten in Deutschland und sprachlich sehr weit. Er dolmetscht, übersetzt Cerkinis Kommandos.

Passübungen um die Hütchenformation werden erst eingeübt. Der Ball fliegt von „Basti zu Amoudou, zu Sultan und Medi, wieder zu Sultan und Tim.“

Wenn Mitspieler Leon mit den neuen Teamkameraden auf Englisch nicht weiterkommt, „hilft ein Fingerzeig“.

Seine deutschen Jungs haben zur Freude des Trainers Geduld. „Mit ihnen habe ich einen goldenen Fang gemacht. Sie haben keinerlei Berührungsängste!“, sagt Cerkini hörbar stolz. Zeigen, vormachen, reden — es dauert eben ein wenig länger als üblich, bis ein Übungsdurchlauf erklärt ist, aber die Flüchtlingsjungen lernen mehr und mehr dazu.

„Am Ball können alle was.“ An ihrem Stellungsspiel auf dem Platz muss aber noch gearbeitet werden. Und auch der Trainer lernt nicht aus. „Beim ersten Spiel hab ich erst gemerkt, dass die Jungs keinen richtigen Einwurf können.“ War vorher nicht aufgefallen.

„Sie sind hoch motiviert.“ Das gefällt Trainer Cerkini. Sallad beispielsweise „fragt mich nach dem Training, warum wir nicht noch Stunden weiter trainieren können“.

Und an dem Jungen im langen grünen Torwartoberteil hat Cerkini besonders Spaß: „Das ist Mamadou, unser Manuel Neuer. Er lebt das!“ Das Trikot hat ihm Jonas Zimmermann geschenkt, der Torwart der 1. Mannschaft von Borussia Oedt. Die deutschen Jungs im Team haben ihre neuen Mitspieler ebenfalls mit Trikots und Fußballschuhen ausgestattet.

„Hey, Neuer, geh ins Tor!“, ruft Cerkini. „Und ihr Jungs stellt euch in einer Linie Höhe des Sechzehners auf. Ich will zwölf Tore sehen.“ Aber „Neuer“ hält und hält und hält oder muss gar nicht eingreifen. Das Torschusstraining wird zur Gaudi, die „Straf“-Liegestütze sowieso.

Noch begegnen sich die etablierten B-Junioren des SV Grefrath und die Flüchtlingsjungen nicht regelmäßig jenseits des Fußballplatzes. Aber der Trainer hat sie jetzt schon einmal alle in der Whatsapp-Gruppe des Teams vereint. Kommt Zeit, kommt Sprache, kommt mehr zusammen. Vielleicht auch im Antoniushaus. Vielleicht würde sich eine positive Ankommensgeschichte dann wiederholen. Wie Ende der 90er. Als Armend Cerkini von seinem Freund Sven am Bruchweg Besuch bekam.

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