Grefrather Fall Mirco wird zum Fernseh-Krimi

Vor sieben Jahren sorgte das Verschwinden und der Mord an dem damals Zehnjährigen aus Grefrath für Aufsehen. Jetzt wurde der Film beim Festival „Tatort Eifel“ gezeigt.

Grefrather Fall Mirco wird zum Fernseh-Krimi
Foto: Harald Tittel/dpa /

Grefrath/Daun. Am Abend des 3. September 2010 verschwindet der zehnjährige Mirco auf dem vier Kilometer langen Weg von der Oedter Skater-Bahn zu seinem Elternhaus an der Stadionstraße. 145 Tage später, Ende Januar, findet die Sonderkommission unter Leitung von Ingo Thiel die Leiche des Jungen in einem Wald in Wankum nördlich der Autobahn 40. Den entscheidenden Tipp für den genauen Fundort hatte der mutmaßliche Täter gegeben: Olaf H., der in Schwalmtal-Ungerath lebt, rund 20 Kilometer von Grefrath entfernt. Was damals nicht nur die Menschen vor Ort, sondern auch in der ganzen Republik bewegt und entsetzt hat, kommt nun — sieben Jahren später — ins Fernsehen.

Am Freitagabend wurde der ZDF-Fernsehfilm „Ein Kind wird gesucht“ beim Krimifestival „Tatort Eifel“ in Daun (Kreis Vulkaneifel) erstmals gezeigt. Im Publikum saßen auch Mircos Eltern und Geschwister. „Wir wollten gerne dabei sein“, sagt Mutter Sandra Schlitter. Der Film sei für sie ein Stück weit Aufarbeitung — wie auch das Buch, das die Eltern 2012 über Mirco veröffentlicht haben und das eine Grundlage fürs Drehbuch war. „Der Film ist schon ziemlich realistisch“, sagt Schlitter nach der Vorab-Premiere. Sie ist gefasst, eine Rohfassung hat sie vorher gesehen.

Der Film geht unter die Haut. Auch wenn der Zuschauer weiß, wie der Fall ausgeht - es bleibt über 90 Minuten hochspannend. Das liegt auch an der hochkarätigen Besetzung mit Schauspieler Heino Ferch in der Rolle des Chefermittlers. Für Ferch war der Dreh im Frühjahr, in der Nähe der tatsächlichen Schauplätze, besonders. „Es ist schon was anderes als wenn man fiktionale Rollen spielt“, sagt er.

Packend auch der Part von Schauspieler Johann von Bülow, der Mircos Vater eindrucksvoll emotional umsetzt. Die Rolle sei „eine große Aufgabe“ gewesen. „Man hat das Gefühl, dass die Verantwortung größer ist, weil das eine lebende Person ist, mit der man sich im Vorfeld getroffen hat“, sagt er. Mircos Mutter wird von Silke Bodenbender gespielt, die das grausame Wechselspiel zwischen Hoffen und Bangen gelungen auf die Leinwand bringt.

Es sind zwei Ebenen, die im Film verwoben sind. Die Sicht der Familie — und die Suche der Ermittler nach der Wahrheit. Und die hatte eine bislang außergewöhnliche Dimension. Denn es war bis dato eine der größten Suchaktionen des Landes. Tagelang durchsuchen bis zu 1000 Einsatzkräfte Wälder und Felder, Seen, Tümpel und mehrmals die Niers. Aufklärungs-Tornados der Bundeswehr, Hubschrauber der Polizei, unbemannte Aufklärungs-Drohnen von Privatpersonen, Suchhunde und Taucherstaffeln waren im Einsatz. Schall-Gutachten wurden erstellt, Hinweistafeln, Radaranlagen und ein Briefkasten für Hinweise wurden aufgestellt, tausende Plakate aufgehängt und Handzettel verteilt — doch ohne Erfolg. Auch ein Beitrag in der ZDF-Sendung „XY ungelöst . . .“ führte nicht zum Durchbruch.

Die Anteilnahme der Bevölkerung am Fall Mirco war enorm. Es gab Gottesdienste, Lichterketten und einen Schweigemarsch quer durch Grefrath. Rund 8000 Hinweise gingen bei der Sonderkommission ein.

Die Fakten: Mircos Fahrrad wurde in einem Feld an der Mülhausener Straße gefunden, Kleidungsstücke auf dem Parkplatz Heitzerend an der Straße zwischen Grefrath und Hinsbeck, sein Handy an der Grefrather Westumgehung — aber von dem Jungen fehlte auch fast vier Monate nach dem Verschwinden noch jede Spur.

Der Weg zum Täter führte über ein Auto. Am Abend des Verschwindens des Jungen war ein dunkler Wagen auf einem Feldweg an der Mülhausener Straße ein dunkles fahrzeug gesehen worden. Dort, wo am nächsten Tag ein Passant Mircos Fahrrad gefunden und mit nach Hause genommen hatte. Die mehr als 60-köpfige Sonderkommission kann Ende Januar 2011 aufatmen, als sie den Täter Olaf H. verhaftet.

Beeindruckt zeigte sich das 30-köpfige Filmteam von Familie Schlitter. Im Glauben tief verwurzelt und Mitglied in einer Freikirche, hat sie dem Täter verziehen. Sie wolle nicht hassen, um weiter leben zu können, habe sie erklärt. „Wir haben die Schlitters als positive, lebensfrohe Familie kennengelernt, die uns das Recht gegeben hat, über Mirco einen Film zu machen“, sagt Nils Dünker von der Produktionsfirma Lailaps Pictures.

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