Die Silvesternacht in Köln verfolgt Michelle aus Lobberich bis heute

Die 21-jährige Studentin war unter den Opfern auf der Domplatte. Sie hat sofort Anzeige bei der Polizei erstattet. Ärger und Kosten hat sie wegen des Diebstahls bis heute.

Die Silvesternacht in Köln verfolgt Michelle aus Lobberich bis heute
Foto: dpa

Nettetal. Die 21-jährige Studentin Michelle Etienne aus Lobberich ist eines der Opfer sexueller Übergriffe auf der Kölner Domplatte in der Silvesternacht. Obwohl ihr Freund sie begleitete, geriet sie in die Fänge der Männer, gegen die inzwischen mehr als 700 Anzeigen erstattet wurden. Zur psychischen Belastung ist nun ein erheblicher Aufwand gekommen, der nicht nur teuer, sondern auch extrem aufwendig ist. Ihr wurden außer Geld auch sämtliche Ausweispapiere gestohlen.

„Mein Handy habe ich noch irgendwie festhalten können. Aber ich konnte nicht verhindern, dass jemand meine Geldbörse gestohlen hat. Darin waren unter anderem 150 Euro, Personalausweis, Führerschein und mein Studentenausweis mitsamt dem Chip der bis März bezahlten Semestertickets“, sagt sie. Besonders ärgerlich ist der Verlust des Studentenausweises. Sie pendelt regelmäßig mit der Bahn zwischen Nettetal und Köln.

Anzeige hat die junge Frau gleich am 3. Januar bei der Polizei in Köln erstattet. Sie gab dort Kleidung ab, die zur Sicherung eventueller Spuren bei der Polizei untersucht werden. Für den Verlust ihrer Papiere erhielt sie eine polizeiliche Bescheinigung. „Ich habe nicht sofort Ersatzpapiere beantragt, weil ich die stille Hoffnung hatte, sie wenig später zurückzubekommen. Einige Opfer haben Börsen und Taschen mit Papieren wieder erhalten. Sie waren weggeworfen worden. Es fehlte nur das Geld“, sagt sie.

Das war jedoch ein Trugschluss. Bis heute wurden die Papiere, soweit es ihr bekannt ist, nicht gefunden. Da sie aber Seminare und Vorlesungen in Köln besuchen muss, saß sie in der Klemme. Das Semesterticket hat sie bezahlt, nur ist es gestohlen. Bei einer Kontrolle in der Eurobahn knapp eine Woche nach Neujahr, ließ sich die Kontrolleurin von der Bescheinigung der Polizei überzeugen, dass Michelle keine Schwarzfahrerin ist.

Sie entschied sich schließlich, bei der Stadt Nettetal einen neuen Personalausweis zu beantragen — und geriet wieder in eine Bahnkontrolle. Diesmal ließ sich die Mitarbeiterin der Eurobahn jedoch nicht erweichen. Natürlich erinnerte sie sich an die junge Frau, die ihr zu Beginn des Jahres die Polizeibescheinigung gezeigt hatte. Aber jetzt pochte sie darauf, eine offizielle Fahrkarte zu sehen. Michelle, die in Breyell zugestiegen war, musste in Boisheim den Zug verlassen und erhielt den Auftrag, innerhalb von sechs Wochen nachzuweisen, dass sie ein Semesterticket hat. Andernfalls müsse sie 60 Euro zahlen.

Heinz Kamps, Michelles Großvater, ärgert sich über das wenig einfühlsame Verhalten einer Kontrolleurin

Ihren Großvater, Heinz Kamps, empörte der Vorgang so, dass er sich an den SPD-Bundestagsabgeordneten Udo Schiefner wandte. „Ich finde, dass man in einem solchen Fall Fingerspitzengefühl zeigen muss.“ Er sei sehr erbost über das seiner Meinung nach wenig einfühlsame Verhalten der Kontrolleurin. Eine Fahrt von Nettetal nach Köln und zurück koste 40 Euro, das Semesterticket sei aber doch bezahlt. Polizeisprecherin Antje Heymanns warnt allerdings vor einer falschen Interpretation der Bescheinigung, die Michelle erhielt. Damit werde kein Freifahrtschein ausgestellt, sondern lediglich dokumentiert, dass bestimmte Papiere laut Anzeige gestohlen seien.

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr verweist auf die Eurobahn. Sie kontrolliere selbst auf ihren Strecken, ob jemand einen gültigen Fahrausweis habe. Die Sprecherin des Unternehmens zeigt zwar Verständnis, aber: „Es wäre sinnvoll gewesen, wenn die junge Frau sich gleich bei unserem Kundencenter gemeldet hätte. Wir können das Personal in den Zügen informieren und so den ganzen Ärger verhindern.“ Der Verlust von Ausweisen ist auch so teuer: 23 Euro für den Personalausweis, 34 Euro für den Führerschein und etwa jeweils zwei Wochen Wartezeit.

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