Die Digitalisierungs-Mühlen mahlen langsam

Die Verwaltung will in diesem Jahr nur planen, was 2019 umgesetzt werden kann. FürVie ist das nicht schnell genug.

Die Digitalisierungs-Mühlen mahlen langsam
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Viersen. Beim Standesamt ein Hochzeitsdatum aussuchen, Unterlagen für einen Bauantrag einreichen, den Personalausweis verlängern: Das ließe sich eigentlich alles bequem über das Internet erledigen, sagt der Fraktionsvorsitzende der Bürgervereinigung FürVie, Hans-Willi Pertenbreiter. Seine Fraktion kritisiert: „Die Internetseite der Stadt Viersen ist weit weg von den Anforderungen einer modernen Kommune. Eine Öffnung der Verwaltung für virtuelle Behördengänge ist nicht zu erkennen.“ Das müsse sich ändern, sagt Pertenbreiter. „Dann wäre das Servicecenter der Stadt 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, für die Kunden erreichbar.“ So ließen sich bei der Verwaltung Zeit, Geld und langfristig Mitarbeiter einsparen.

FürVie hatte im vergangenen Oktober bei der Stadtverwaltung beantragt, für den Haushalt 2018 „dringend die Position ,Digitalisierung der Verwaltung’ einzustellen und mit einer mindestens sechsstelligen Haushaltsposition auszustatten“. Am Montag, 15. Januar, befasst sich der Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrats mit dem Antrag. Die Sitzungsvorlage beinhaltet eine ausführliche Stellungnahme der Verwaltung — schon jetzt einzusehen auf der Internetseite der Stadt. „Auf der Internetseite steht viel Informatives“, sagt Pertenbreiter. „Aber das reicht einfach nicht.“

Was der Fraktionsvorsitzende nicht nachvollziehen kann: In ihrer Stellungnahme schreibt die Verwaltung, das Jahr 2018 werde genutzt, um die für 2019 und später angedachten Schritte zur Digitalisierung zu planen.

Denn es gelte, das 2016 in Kraft getretene E-Government-Gesetz für Nordrhein-Westfalen umzusetzen — das sei eine Verwaltungsstrukturreform. Es geht also nicht nur darum, virtuelle Behördengänge zu ermöglichen. So wird derzeit etwa ein Digitalisierungskonzept für die Viersener Schulen vorbereitet, Daten aus Akten werden elektronisch erfasst.

„Die Stadt Viersen muss sich den mit den gesetzlichen Veränderungen jetzt erschlossenen neuen Möglichkeiten in Bezug auf die Digitalisierung konzeptionell stellen und neu ausrichten“, heißt es in der Sitzungsvorlage. Pertenbreiter ist das alles nicht konkret genug. „Es muss jetzt etwas passieren, nicht erst 2020“, sagt er. „Andere Kommunen sind da viel weiter und bereits seit längerem in der Lage, den Bürgern umfangreiche Online-Verwaltungsdienstleistungen anzubieten.“ Die Gemeindeprüfungsanstalt NRW sieht in einem Bericht für 2017 ebenfalls Handlungsbedarf in Viersen, um Zeit und Materialkosten zu sparen. „Die Arbeitsabläufe im Servicecenter könnten noch stärker digitalisiert werden. Aktuell werden noch zahlreiche Formulare und Unterlagen gedruckt und abgeheftet“, heißt es. Und: „Die Stadt Viersen sollte die technische Ausstattung im Servicecenter verbessern, um papiergebundene Arbeitsprozesse möglichst zu vermeiden.“

Womöglich ließen sich durch einen digitalen Wandel 100 oder 200 der derzeit rund 600 Stellen in der Verwaltung einsparen, sagt Pertenbreiter. „Man könnte sie in einem vernünftigen Rahmen reduzieren, also zum Beispiel Positionen nicht nachbesetzen, wenn ein Mitarbeiter in Rente geht.“

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