Bäcker wollen Einführung der Hygiene-Ampel noch verhindern

Der Gesetzentwurf von NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel schade dem Handwerk, finden auch Metzger und Hoteliers.

Kreis Viersen. Im Januar soll im Landtag NRW das Gesetz zur Bewertung, Darstellung und Schaffung von Transparenz von Ergebnissen amtlicher Kontrollen in der Lebensmittelüberwachung verabschiedet werden. In der Bevölkerung läuft dies unter dem Begriff „Hygiene-Ampel“, da den Ergebnisstufen die Farben Grün für „Anforderungen erfüllt“, Gelb für „Anforderungen teilweise erfüllt“ und Rot für „Anforderungen unzureichend erfüllt“ zugeordnet werden. Alle Lebensmittelunternehmer, die ihre Waren direkt an den Endverbraucher verkaufen, sollen diese Ampel gut sichtbar im Schaufenster oder an der Eingangstüre anbringen.

Die CDU wehrt sich gegen diese Form der Darstellung ohne weitere Erklärungen. Die Landtagsabgeordneten Stefan Berger und Marcus Optendrenk (CDU) erläuterten ihre Bedenken gemeinsam mit dem Brachter Bäcker Erich Lehnen. „Wir haben ja überhaupt nichts dagegen, dass Kontrollen durchgeführt werden. Das ist ja gut so. Aber die Ampel ist irreführend“, sagt Erich Lehnen. Er habe mit Metzgern gesprochen, die ebenso denken würden und auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband sei dagegen. Auch Gastronomen sollen nach dem Willen der rot-grünen Landesregierung mit der Hygiene-Ampel bewertet werden.

Erich Lehnen, Bäcker

Das Problem liege nicht in dem 32-Punkte starken Bewertungskatalog. „Geprüft werden wir ja bereits jetzt nach diesen Kriterien“, so Lehnen und nennt ein Beispiel: „Steht irgendwo ein Besen in den hinteren Geschäftsräumen in der falschen Ecke, ist der Stecker des Unter-Tisch-Gerätes für heißes Wasser am Handwaschbecken herausgezogen oder hat man die Stellplätze für Schädlingsköder nicht korrekt angegeben, gibt das schon Abzüge. Dadurch erhält man womöglich schon eine gelbe Kennzeichnung und der Kunde denkt, es sei hier nicht hygienisch sauber“, beklagt Lehnen. Diese Hygieneampel hänge dann erst einmal eine Weile im Eingangsbereich, auch wenn ein solcher Mangel direkt behoben werde. Die nächste Prüfung finde dann innerhalb von drei Monaten statt. Da auf der Ampel nicht konkret angegeben wird, welcher Mangel beanstandet wurde, bleibe die Bewertung den Vermutungen der Kunden überlassen.

„32 Kriterien können Sie nicht in eine dreischrittige Ampel umsetzen. Wenn der Lehrling womöglich eine Ecke nicht richtig gefegt hat, bekommt der Betrieb womöglich ‚Gelb‘ und der Kunde wird misstrauisch und denkt, da ist etwas vorgefallen“, kritisiert Marcus Optendrenk. „Der Gesetzentwurf — wenn er so kommt — schadet dem Handwerk und unterstützt die industrielle Fertigung. Das wird dazu führen, dass mehr Misstrauen geschaffen wird und wir womöglich mehr Backautomaten bekommen. Wer will das denn?“, fragt Stefan Berger. Eingeschweißte Backteiglinge im Discounter — egal aus welchem Land sie kommen — fallen nicht unter diese Regelung.

Auch der Verband des Rheinischen Bäckerhandwerks wehrt sich gegen die von NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) initiierte Hygiene-Ampel. Der Verband hat sich entschlossen, eine Marketing-Kampagne zu starten, um die Verbraucher über ihre Position zu informieren. „Wir sind der Meinung, unsere Betriebe dürfen nicht ungerechtfertigt an den Pranger gestellt werden. Denn nicht alle Beanstandungen der Lebensmittel-Kontrolleure stellen eine Gefährdung für den Kunden dar. Das derzeitige Konzept birgt viele Ungereimtheiten und Ungerechtigkeiten in sich“, teilt der Verband mit. Bis Ende Oktober benennen teilnehmende Bäckereien ihre normalen Brötchen in eine „Remmel-Semmel“ um. Flyer sollen bei der Kommunikation mit dem Kunden helfen aufzuklären, warum sich das Bäckerhandwerk gegen die Hygiene-Ampel wehrt.

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